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Mausmodell

Man muss bei der Übertragung von psychologischen Untersuchungsergebnissen an Mäusen auf Menschen zwar vorsichtig sein, auch wenn festzuhalten ist, dass etwa bei der Untersuchung von Bedürfnissen diese im Gehirn vom Hypothalamus gesteuert werden. Bis jetzt sind alle entdeckten Funktionen dieser Hirnstruktur evolutionär kaum verändert. Das gilt etwa für die Kontrolle von Schlaf, Fortpflanzung und Nahrungsaufnahme, sowohl bei Fischen und Reptilien als auch bei Säugetieren.

Wie das Gehirn Relevanz lernt

    Die Fähigkeit des menschlichen Gehirns, aus der Vielzahl sensorischer Eindrücke jene auszuwählen, die für das Überleben, Lernen und Handeln entscheidend sind, stellt eine grundlegende Voraussetzung für die Bildung von Erinnerungen dar. Eine Studie von Liao et al. (2024) am Mausmodell lieferte neue Einsichten in die neuronalen Mechanismen, die es dem Gehirn ermöglichen, während der Gedächtniskonsolidierung irrelevante Informationen zu filtern und bedeutungsvolle Muster zu bewahren. Im Zentrum dieser Forschung stand die hemmende Plastizität – eine lernabhängige Veränderung hemmender… Weiterlesen »Wie das Gehirn Relevanz lernt

    Ein zweites dopaminerg gesteuertes Lernsystem im Gehirn

      In einer Studie haben Neto et al. (2023) am Mausmodell ein dopaminabhängiges Lernsystem (Action Prediction Error) im Gehirn identifiziert, das tiefgreifende Auswirkungen auf unser Verständnis von Gewohnheitsbildung, Zwangsverhalten und Sucht haben könnte. In Verhaltensexperimenten mit Mäusen kombinierten die Wissenschaftler neuronale Bildgebung mit gezielter Inaktivierung bestimmter Hirnregionen. Die Mäuse lernten dabei, auf bestimmte Töne durch Bewegungen zu reagieren. Wurde das hintere Striatum deaktiviert, waren die Tiere nicht mehr in der Lage, die gelernte Handlung in der späten Lernphase… Weiterlesen »Ein zweites dopaminerg gesteuertes Lernsystem im Gehirn

      Neue Einsichten in neuronale Zeitstrukturen und deren Bedeutung für Entscheidungsprozesse

        Im menschlichen Gehirn nimmt die ventrale tegmentale Area (VTA) eine Schlüsselrolle bei der Verarbeitung von Belohnungen und der Steuerung von Motivation ein. Diese kleine, aber bedeutsame Hirnregion ist bekannt dafür, bei Erwartung angenehmer Ereignisse Dopamin auszuschütten, was das Belohnungserleben moduliert. Traditionell wurde angenommen, dass die VTA hauptsächlich dafür zuständig ist, das Eintreffen von Belohnungen zu signalisieren. Neuere Forschungsergebnisse aus internationalen Kooperationen zwischen Genf, Harvard und McGill erweitern jedoch dieses Verständnis erheblich. Sie belegen, dass die VTA nicht… Weiterlesen »Neue Einsichten in neuronale Zeitstrukturen und deren Bedeutung für Entscheidungsprozesse

        Geschlechtsunterschiede bei Mäusen in ihrem Verhalten

          Eine neue Studie von Muir et al. (2024) zeigte, dass männliche und weibliche Mäuse unterschiedliche neuronale Pfade zur Unterscheidung zwischen Bedrohung und Sicherheit nutzen – auch wenn ihr beobachtbares Verhalten ähnlich erscheint. Diese Erkenntnis wirft grundlegende Fragen über bestehende Paradigmen in der neurowissenschaftlichen Forschung auf, insbesondere über die gängige Praxis, überwiegend männliche Tiere als Standardmodelle zu verwenden. In der Untersuchung trainierte man 17 Mäuse darauf, zwischen einem Hinweisreiz, der einen leichten Fußschock ankündigte (CS+), und einem neutralen… Weiterlesen »Geschlechtsunterschiede bei Mäusen in ihrem Verhalten

          Wie das Gehirn neuronale Verluste kompensiert

            Das menschliche Gehirn ist trotz seiner eingeschränkten Fähigkeit zur Regeneration in der Lage, Funktionsverluste, wie sie durch altersbedingtes Absterben von Nervenzellen oder neurodegenerative Erkrankungen verursacht werden, überraschend gut zu kompensieren. Besonders im Cortex, dem für höhere Denkfunktionen und Wahrnehmung zuständigen Teil der Großhirnrinde, ist die Bildung neuer Nervenzellen stark eingeschränkt. Dennoch bleibt die Funktion dieser Hirnregionen oft lange erhalten, selbst wenn bereits eine Vielzahl von Neuronen verloren gegangen ist. Eine aktuelle Studie von Noda et al. (2025)… Weiterlesen »Wie das Gehirn neuronale Verluste kompensiert

            Die neuronalen Grundlagen der sinnesübergreifenden Generalisierung

              Die Fähigkeit, Informationen über verschiedene Sinnesmodalitäten hinweg zu übertragen, ist eine fundamentale Eigenschaft intelligenter Lebewesen, wobei es diese sinnübergreifende Generalisierung Tieren und vermutlich auch dem Menschen ermöglicht ,auf bereits erworbenes Wissen zurückzugreifen, selbst wenn sich die Art der Sinneswahrnehmung ändert. Eine aktuelle Studie von Guyoton et al. (2025) hat die zugrunde liegenden neuronalen Mechanismen am Mausmodell untersucht. Im Zentrum der Untersuchungstand daher die Frage, wie das Gehirn Informationen, die ursprünglich über den Tastsinn aufgenommen wurden, später über… Weiterlesen »Die neuronalen Grundlagen der sinnesübergreifenden Generalisierung

              Wie das Gehirn vergangene Erlebnisse festigt und sich auf neue vorbereitet

                Die Rolle des Schlafs im Kontext der Gedächtnisbildung wird seit Jahren intensiv untersucht, doch aktuelle Forschungsergebnisse erweitern das Verständnis dieses komplexen Prozesses erheblich, denn während lange bekannt ist, dass das Gehirn im Schlaf Erinnerungen verarbeitet und festigt, zeigte eine Studie von Ghandour et al. (2025), dass der Schlaf auch aktiv zur Vorbereitung auf das Abspeichern zukünftiger Erinnerungen beiträgt. Im Mittelpunkt der Studie standen Engrammzellen – spezialisierte Neuronen, die als biologische Speicherorte für Erinnerungen fungieren. Diese Zellen bilden… Weiterlesen »Wie das Gehirn vergangene Erlebnisse festigt und sich auf neue vorbereitet

                Neue Einblicke in die Architektur des Lernens

                  Lernen ist ein hochkomplexer Prozess, der weit über das einfache Einprägen von Informationen hinausgeht, denn er basiert auf der Fähigkeit des Gehirns, bestehende Verbindungen zwischen Nervenzellen, also die Synapsen, zu verändern, zu verstärken oder gänzlich neu zu bilden. Dieser Vorgang, als synaptische Plastizität bezeichnet, ist die Grundlage jeder Form von Erfahrungslernen, doch die konkrete Art und Weise, wie das Gehirn entscheidet, welche dieser Verbindungen angepasst werden, war bislang jedoch nur unzureichend verstanden. Traditionell geht man davon aus,… Weiterlesen »Neue Einblicke in die Architektur des Lernens

                  Dreidimensionales Modell eines Mausgehirns

                    Wissenschaftler des MICrONS-Projekts (Machine Intelligence from Cortical Networks) haben das bislang detailreichste dreidimensionale Modell eines Säugetiergehirns erstellt. Grundlage war ein winziges Gewebeareal aus der primären Sehrinde (visueller Cortex) einer Maus, das lediglich der Größe eines Sandkorns entspricht – einem Kubikmillimeter. Trotz der geringen Größe enthält dieses Gewebestück etwa 200.000 Zellen, davon ca. 84.000 Neuronen, sowie mehr als 523 Millionen synaptische Verbindungen, die sich über rund 5,4 Kilometer verzweigen. Das Besondere an dieser Arbeit ist die Kombination von… Weiterlesen »Dreidimensionales Modell eines Mausgehirns

                    Lachgas bei schweren Depressionen

                      Lachgas (Distickstoffmonoxid, N2O), ursprünglich als Anästhetikum eingesetzt, hat sich in den letzten Jahren als vielversprechende Behandlung bei schweren Depressionen etabliert. Besonders in Fällen, bei denen herkömmliche Antidepressiva nicht die gewünschte Wirkung zeigen, rückt Lachgas zunehmend in den Fokus der Forschung. Cichon et al. (2025) haben kürzlich den molekularen Mechanismus dieses Gases im Mausmodell aufgeklärt, da sie entdeckten, dass Lachgas eine spezifische Gruppe von Gehirnzellen aktiviert, die bislang nicht mit der Wirkung des Gases in Verbindung gebracht wurde,… Weiterlesen »Lachgas bei schweren Depressionen

                      Die Rolle von Acetylcholin und Dopamin in der Steuerung des Sexualverhaltens

                        Das Sexualverhalten ist ein essenzieller Bestandteil des Fortpflanzungsprozesses und wird durch komplexe neurobiologische Mechanismen gesteuert. Eine aktuelle Studie untersuchte nun die Rolle von Acetylcholin (ACh) und Dopamin (DA) im Gehirn männlicher Mäuse während des Geschlechtsverkehrs (Miyasaka et al., 2025). Das Sexualverhalten von Säugetieren folgt einem bestimmten Schema: Männliche Tiere umwerben ihre potenzielle Partnerin, indem sie sie beschnüffeln, jagen oder sogar Laute von sich geben, bevor es zur eigentlichen Kopulation kommt. Die Steuerung dieses Verhaltens erfolgt durch spezifische… Weiterlesen »Die Rolle von Acetylcholin und Dopamin in der Steuerung des Sexualverhaltens

                        Ein Bildstabilisator im menschlichen Gehirn

                          Das menschliche Gehirn besitzt eine bemerkenswerte Fähigkeit, Bewegungen und visuelle Eindrücke zu koordinieren, um ein stabiles und unverzerrtes Bild der Umgebung zu erhalten. Jösch et al. (2025) haben kürzlich eine entscheidende Struktur im Gehirn identifiziert, die eine wesentliche Rolle bei dieser Fähigkeit spielt – den sogenannten Seitlichen Kniehöcker (Corpus geniculatum laterale, CGL). Diese Region, die sich im Thalamus des Gehirns befindet, fungiert als eine Art „Bildstabilisator“, der es ermöglicht, visuelle Eindrücke bei Bewegung korrekt zu verarbeiten. Diese… Weiterlesen »Ein Bildstabilisator im menschlichen Gehirn