Das Sexualverhalten ist ein essenzieller Bestandteil des Fortpflanzungsprozesses und wird durch komplexe neurobiologische Mechanismen gesteuert. Eine aktuelle Studie untersuchte nun die Rolle von Acetylcholin (ACh) und Dopamin (DA) im Gehirn männlicher Mäuse während des Geschlechtsverkehrs (Miyasaka et al., 2025). Das Sexualverhalten von Säugetieren folgt einem bestimmten Schema: Männliche Tiere umwerben ihre potenzielle Partnerin, indem sie sie beschnüffeln, jagen oder sogar Laute von sich geben, bevor es zur eigentlichen Kopulation kommt. Die Steuerung dieses Verhaltens erfolgt durch spezifische Regionen im Gehirn, insbesondere durch den Nucleus accumbens, der für die Verarbeitung von Belohnungsreizen verantwortlich ist. In dieser Untersuchung wurde mithilfe fluoreszierender Moleküle sichtbar gemacht, welche Neurotransmitter in dieser Gehirnregion während der verschiedenen Phasen der Paarung ausgeschüttet werden. Dabei konnte man nachweisen, dass diese beiden Neurotransmitter in einem genau abgestimmten Wechselspiel agieren und maßgeblich für den Ablauf der Paarung verantwortlich sind.
Die Studie zeigte also, dass während des Geschlechtsverkehrs insbesondere zwei Neurotransmitter eine entscheidende Rolle spielen: Acetylcholin und Dopamin. Zu Beginn der Kopulation wurde vermehrt Acetylcholin ausgeschüttet, während etwa sechs Sekunden später Dopamin folgte. Während des gesamten Begattungsprozesses erfolgte die Freisetzung beider Stoffe in einem rhythmischen Wechselspiel, synchron zu den Stoßbewegungen des Männchens. Der Dopaminspiegel stieg mit der Ejakulation noch einmal signifikant an, was auf eine zentrale Rolle dieses Botenstoffs bei der Verstärkung sexueller Belohnung hinweist.
Die Bedeutung dieses Wechselspiels konnte durch gezielte Manipulation der Rezeptoren für Acetylcholin und Dopamin nachgewiesen werden, denn durch die Beeinflussung der entsprechenden Rezeptoren ließ sich das Sexualverhalten der Mäuse stören oder sogar vollständig unterbinden. Insbesondere die Hemmung von nicotinischen Acetylcholinrezeptoren (nAChRs) oder Dopamin-D2-Rezeptoren (D2Rs) führte dazu, dass die Männchen nicht mehr in der Lage waren, die typischen Paarungsabläufe auszuführen. Obwohl sich das Sexualverhalten von Mäusen und Menschen in vielerlei Hinsicht unterscheidet, zeigen sich auf neurochemischer Ebene deutliche Parallelen. sodass diese Ergebnisse daher neue Ansätze zur Behandlung sexueller Funktionsstörungen liefern könnten, insbesondere könnte ein besseres Verständnis der ACh-DA-Dynamik dazu beitragen, effektive Therapien gegen vorzeitigen Samenerguss zu entwickeln, eine Störung, die bis zu 30 % der Männer betrifft.
Literatur
Miyasaka, A., Kanda, T., Nonaka, N., Terakoshi, Y., Cherasse, Y., Ishikawa, Y., Li, Y., Takizawa, H., Hirano, A., Seita, J., Yanagisawa, M., Sakurai, T., Sakurai, K. & Liu, Q. (2025). Sequential transitions of male sexual behaviors driven by dual acetylcholine-dopamine dynamics. Neuron, doi:10.1016/j.neuron.2025.01.032
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