Lachgas (Distickstoffmonoxid, N2O), ursprünglich als Anästhetikum eingesetzt, hat sich in den letzten Jahren als vielversprechende Behandlung bei schweren Depressionen etabliert. Besonders in Fällen, bei denen herkömmliche Antidepressiva nicht die gewünschte Wirkung zeigen, rückt Lachgas zunehmend in den Fokus der Forschung. Cichon et al. (2025) haben kürzlich den molekularen Mechanismus dieses Gases im Mausmodell aufgeklärt, da sie entdeckten, dass Lachgas eine spezifische Gruppe von Gehirnzellen aktiviert, die bislang nicht mit der Wirkung des Gases in Verbindung gebracht wurde, was neue Perspektiven für die Behandlung von Depressionen eröffnet.
Lachgas wird seit mehr als 180 Jahren in der Medizin verwendet, primär zur Narkose und Schmerzlinderung, wobei sich gezeigt hatte, dass eine einstündige Inhalation von 25-prozentigem Lachgas die Symptome einer schweren Depression signifikant für mehr als zwei Wochen verbessern kann. Diese Erkenntnisse eröffneten eine neue Möglichkeit für Patienten, deren Depressionen auf konventionelle Medikamente nicht ansprechen, da etwa 15 Prozent der Depressionspatienten auf Standardantidepressiva nicht reagieren und deren Wirkung oft erst nach längerer Zeit einsetzt. Lachgas könnte daher eine schnelle und langanhaltende Alternative darstellen, jedoch war der genaue Wirkmechanismus bis vor kurzem unbekannt.
Zuvor wurde angenommen, dass Lachgas primär die NMDA-Rezeptoren im Gehirn blockiert, welche in den meisten Gehirnzellen vorkommen. doch nun konnte man am Mausmodell nachweisen, dass das Gas nicht nur auf diese Rezeptoren wirkt. Die Mäuse, die chronischem Stress ausgesetzt waren – ein Modell für menschliche Depressionen – erhielten eine Stunde lang Lachgas. Innerhalb weniger Minuten aktivierte das Gas eine spezielle Gruppe von Gehirnzellen, die Schicht-5-Neuronen (L5) im anterioren cingulären Cortex der Mäuse. Diese Zellen spielen eine wichtige Rolle bei der Regulierung von Emotionen und Verhalten, und ihre Aktivität ist bei depressiven Zuständen stark vermindert, wobei sich nun zeigte, dass das Lachgas spezifisch diese Neuronen aktivierte und die normalerweise geringe Aktivität der Zellen in den depressiven Mäusen wiederherstellte. Diese Aktivität hielt auch nach dem Abklingen des Gases an, was für die Forscher eine unerwartete Entdeckung war.
Offenbar spielt Lachgas ĂĽber die Blockierung von Kaliumkanälen, insbesondere der SK2-Kanäle in L5-Neuronen, eine entscheidende Rolle, denn diese Blockade fĂĽhrt dazu, dass die Zellen aktiv werden und mit der Zeit benachbarte Zellen „aufwecken“, was die therapeutische Wirkung des Gases bei Depressionen erklärt. Im Vergleich zu anderen Anästhetika, die das Gehirn beruhigen und deren Wirkung schnell nachlässt, aktiviert Lachgas spezifische Gehirnzellen, was zu einer langfristigen Verbesserung des Verhaltens fĂĽhrt. Die Mäuse, die mit Lachgas behandelt wurden, zeigten rasch Anzeichen einer Besserung, was die potenzielle Wirksamkeit als antidepressives Mittel unterstreicht.
Die Ergebnisse dieser Studien zeigen nicht nur das Potenzial von Lachgas als neues therapeutisches Mittel bei Depressionen, sondern werfen auch ein neues Licht auf die molekularen Mechanismen, die der antidepressiven Wirkung zugrunde liegen. Die Entdeckung von Lachgas als ein Mittel, das eine so spezifische und langanhaltende Wirkung auf das Gehirn hat, eröffnet neue Wege in der Entwicklung schneller und effektiver Antidepressiva.
Literatur
Cichon, J., Joseph, T. T., Lu, X., Wasilczuk, A. Z., Kelz, M. B., Mennerick, S. J., Zorumski, C. F. & Nagele, P. (2025). Nitrous oxide activates layer 5 prefrontal neurons via SK2 channel inhibition for antidepressant effect. Nature Communications, 16, 2999.
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