Eine Untersuchung von Li et al. (2025) zeigte, dass das Einschlafen kein schleichender, sondern ein abrupt einsetzender Prozess ist, der von einem klar identifizierbaren Kipp-Punkt im Gehirn markiert wird. Während Schlaf traditionell als langsames Abdriften vom Wachzustand verstanden wurde, konnte man in einer umfangreichen Analyse von über 1000 nächtlichen EEG-Aufzeichnungen nachweisen, dass der Übergang einem bifurkationsähnlichen Muster folgt: Kurz vor dem Einschlafen verlangsamt sich die neuronale Dynamik zunehmend, bis sie plötzlich in einen stabilen Schlafzustand umschlägt. Dieser Wendepunkt tritt individuell leicht variabel auf, folgt jedoch bei allen untersuchten Personen derselben charakteristischen Dynamik und lässt sich mit hoher Genauigkeit vorhersagen.
Da Schlafstörungen häufig als Indikatoren für die Hirngesundheit gelten und eng mit Alterungsprozessen sowie neurodegenerativen Erkrankungen verknüpft sind, eröffnet das Wissen um den neuronalen Kipp-Punkt neue Ansatzmöglichkeiten für Therapien. Darüber hinaus könnten die Ergebnisse die Überwachung und Steuerung von Anästhesie während chirurgischer Eingriffe verbessern, da auch hier der genaue Zustand zwischen Bewusstsein und Bewusstlosigkeit entscheidend ist. Damit stellt die Studie einen bedeutenden Fortschritt im Verständnis des menschlichen Schlafbeginns dar und bietet ein präzises theoretisches wie praktisches Fundament für zukünftige Anwendungen.
Literatur
Li, J., Ilina, A., Peach, R., Wei, T., Rhodes, E., Jaramillo, V., Violante, I. R., Barahona, M., Dijk, D.-J., & Grossman, N. (2025). Falling asleep follows a predictable bifurcation dynamic. Nature Neuroscience, 28(12), 2515–2525.
Impressum ::: Datenschutzerklärung ::: Nachricht ::: © Werner Stangl ::: Pädagogische Neuigkeiten für Psychologen :::