Schlafprobleme gehören zu den häufigsten Begleiterscheinungen von ADHS und betreffen einen Großteil der neurodivergenten Menschen. Charakteristisch sind Schwierigkeiten beim Einschlafen und Durchschlafen, häufige nächtliche Wachphasen und insgesamt verkürzte Schlafzeiten; manche Betroffene wachen ungewöhnlich früh auf oder fühlen sich trotz langer Schlafdauer morgens bleiern und erschöpft. Auch Phänomene wie Schlafapnoe, Nachtschreck oder unruhige Beine treten gehäuft auf. Besonders bedeutsam sind Störungen des biologischen Tag-Nacht-Rhythmus: Studien zeigen, dass bei vielen Menschen mit ADHS die Freisetzung des Schlafhormons Melatonin verzögert erfolgt, wodurch sich der gesamte Tagesrhythmus um etwa anderthalb Stunden nach hinten verschiebt und Betroffene typischerweise deutlich später müde werden. Langzeituntersuchungen legen nahe, dass ADHS den Schlafstörungen vorausgeht und dass genetische Faktoren eine maßgebliche Rolle spielen. Gleichzeitig verstärkt Schlafmangel die Kernsymptome der ADHS, da Müdigkeit die Aufmerksamkeitsleistung, die motorische Regulation und die Impulskontrolle weiter beeinträchtigt.
Für Eltern eines neurodivergenten Kindes kann es hilfreich sein, zunächst eine fachärztliche Abklärung einzuleiten, um körperliche Ursachen wie Atemaussetzer oder potenzielle Nebenwirkungen einer medikamentösen Behandlung auszuschließen. Zusätzlich unterstützen verschiedene alltagspraktische Maßnahmen einen gesunden Schlaf. Regelmäßige Bewegung am Tag hilft beim späteren Einschlafen, während intensiver Sport direkt vor der Schlafenszeit eher hinderlich wirkt. Koffeinhaltige Getränke sollten insbesondere am Nachmittag und Abend reduziert werden. Die Gestaltung von Licht hat großen Einfluss auf den circadianen Rhythmus: Helles Licht gleich nach dem Aufstehen und gedämpfte Beleuchtung in den Abendstunden fördern einen stabilen Schlaf-Wach-Zyklus; elektronische Geräte sollten dabei im Dunkelmodus oder mit Blaulichtfilter genutzt werden. Auch organisatorische Anpassungen, wie ein zeitlich vorgezogenes Abendritual, können Konflikte verringern und den Übergang in die Nachtruhe erleichtern. Viele neurodivergente Kinder profitieren zudem von sensorischen Reizen, da absolute Stille häufig eher Stress erzeugt. Geräusche wie weißes Rauschen oder Naturklänge, beruhigende Hörbücher oder der Einsatz einer Gewichtsdecke können ein Gefühl von Geborgenheit vermitteln und die Schlafqualität verbessern. Entspannungsmethoden wie Achtsamkeit, Meditation oder wiederkehrende Abendrituale – etwa Schreiben, Vorlesen, ein warmes Bad oder körperliche Zuwendung – erleichtern ebenfalls das Abschalten. Melatonin kann in bestimmten Fällen sinnvoll sein, sollte jedoch ausschließlich nach ärztlicher Rücksprache eingesetzt werden, da eine falsche Dosierung unerwünschte Wirkungen hervorrufen kann und individuelle Faktoren wie saisonale Lichtverhältnisse berücksichtigt werden müssen.
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