Die Fähigkeit, sich um den Nachwuchs zu kümmern, ist angeboren und wird von Weibchen vieler Arten nach der Geburt spontan gezeigt, um das Überleben des Nachwuchses zu sichern. Bisher ging man davon aus, dass das Fürsorgeverhalten der Mütter durch ihre veränderte hormonelle Ausstattung hervorgerufen wird. Es ist jedoch bekannt, dass auch jungfräuliche Nagerweibchen nach der Geburt ein Elternverhalten entwickeln, das mit der Zeit dem mütterlichen Verhalten entspricht, also ohne vorherige Ausschüttung von Schwangerschaftshormonen. Obwohl das mütterliche Verhalten bei postpartalen Weibchen und die damit verbundenen neuronalen Schaltkreise gut erforscht sind, sind die neuronalen Mechanismen, die dem Erwerb des mütterlichen Verhaltens ohne vorherige Erfahrung zugrunde liegen, noch nicht geklärt. Glat et al. (2022) konnten nun zeigen, dass die Entwicklung des mütterlichen Pflegeverhaltens als Reaktion auf die erste Exposition der Jungen durch eine Aktivierung des anterioren cingulären Cortex initiiert wird, dass es also einen neuronalen Schaltkreis gibt, der dieses Pflegeverhalten auslöst. Männliche Mäuse entwickelten übrigens unter den gleichen experimentellen Bedingungen kein Fürsorgeverhalten, obwohl sie prinzipiell dazu in der Lage wären, denn wenn ein Mäusepaar zusammen gehalten wird, kümmert sich auch der Vater um den Nachwuchs, und das, obwohl sich männliche Mäuse prinzipiell aggressiv gegenüber fremden Jungtieren verhalten.
Literatur
Glat, Micaela, Gundacker, Anna, Cuenca Rico, Laura, Czuczu, Barbara, Ben-Simon, Yoav, Harkany, Tibor & Pollak, Daniela D. (2022). A prefrontal cortex-thalamus accessory circuit shapes maternal behavior in virgin female mice. The EMBO Journal, 41, doi:10.15252/embj.2022111648.
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