Durch die Ernährung schwangerer Frauen werden Föten einer Vielzahl von Aromen ausgesetzt, die aus zusammengesetzten Geruchs-, Geschmacks- und Chemosensibilitäten bestehen. Die Auswirkungen einer solchen pränatalen Geschmacksexposition auf die chemosensorische Entwicklung wurden bisher nur postnatal bei menschlichen Säuglingen gemessen.
Ustun et al. (2022) haben nun eine ersten direkten Nachweis der fötalen Reaktion auf Geschmacksstoffe, die durch den mütterlichen Verzehr übertragen werden, nachgewiesen, indem sie die fötalen Gesichtsbewegungen Bild für Bild bei schwangeren Frauen und ihren Föten aus dem Nordosten Englands von der 32. bis zur 36. Schwangerschaftswoche gemessen haben.
Bei diesem Versuch zeigte sich, dass Föten, die einem Karottengeschmack ausgesetzt waren häufiger eine Art Lächeln zeigten, während Föten, die einem Grünkohlgeschmack ausgesetzt waren, im Vergleich zur Karottengruppe und einer Kontrollgruppe, die keinem Geschmack ausgesetzt war, häufiger eine Art von Weingesicht zeigten. Dabei nahm die Komplexität der Gesichtsgesten in der Grünkohlgruppe zu, nicht aber in der Karottengruppe. Offenbar haben schon Föten die Fähigkeit, verschiedene Geschmacksrichtungen wahrzunehmen und zu unterscheiden, d. h., in den Gesichtern der Babys spiegeln sich die chemischen Reize wider, die mit der Nahrung ihrer Mütter ins Fruchtwasser und dadurch zu ihnen kommen. Eine solche frühe Konfrontation mit Geruch und Geschmack könnte auch Langzeitfolgen zeitigen, doch ob es dabei einen Akzeptanzgewinn schon im Mutterleib gibt, muss erst in Folgestudien mit den aktuell untersuchten Föten bzw. Babys gezeigt werden.
Literatur und Bildquelle
Ustun, Beyza, Reissland, Nadja, Covey, Judith, Schaal, Benoist & Blissett, Jacqueline (2022). Flavor Sensing in Utero and Emerging Discriminative Behaviors in the Human Fetus. Psychological Science, doi:10.1177/09567976221105460.
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