Intelligenz beschreibt das allgemeine kognitive Fähigkeitsniveau eines Menschen und sie ist eines der grundlegendsten Konzepte der psychologischen Wissenschaft und entscheidend für die wirksame Anpassung des Verhaltens an unterschiedliche Umweltanforderungen. Es hat sich gezeigt, dass wechselnde externe Aufgabenstellungen eine Rekonfiguration funktioneller Gehirnnetzwerke bewirken. Ob die neuronale Rekonfiguration zwischen verschiedenen Aufgaben mit Intelligenz zusammenhängt, wurde jedoch noch nicht untersucht. Faskowitz et al. (2022) haben daher Daten der funktionellen Magnetresonanztomographie von mehr als achthundert Probanden verwendet, um zu zeigen, dass höhere Werte der allgemeinen Intelligenz mit einer geringeren Rekonfiguration der Hirnnetzwerke zwischen dem Ruhezustand und sieben verschiedenen Aufgabenzuständen sowie mit einer Rekonfiguration der Netzwerke zwischen den Aufgaben verbunden sind.
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer dieser Untersuchungen befanden sich entweder im Ruhestand oder mussten verschiedene Aufgaben bearbeiten, während mit Hilfe der funktionellen Magnetresonanztomografie die Aktivität ihrer Gehirnareale erfasst wurde. In den Versuchen mussten verschiedene Aufgabenarten bewältigt werden, wobei jede von ihnen für einen anderen kognitiven Prozess stand. Um etwa das Arbeitsgedächtnis zu aktivieren, mussten die Probanden entscheiden, ob in einer langen Bilderpräsentation das jeweils zuletzt gezeigte Bild einem vorherigen entsprach. Um die Sprachverarbeitung zu untersuchen, wurde eine Geschichte erzählt, und die Probanden mussten anhand von Alternativen entscheiden, was das Thema der Geschichte gewesen war. Für den Bereich der sozialen Kognition bekamen sie Video-Clips zu sehen, in denen sich geometrische Objekte bewegten, wonach sie entscheiden mussten, ob diese Objekte miteinander interagierten oder nicht.
Die Ergebnisse deuteten darauf hin, dass die Netzwerkarchitektur von Menschen mit höheren Intelligenzwerten näher an der Netzwerkarchitektur liegt, die für verschiedene kognitive Anforderungen erforderlich ist. Die Rekonfiguration von Multitasking-Gehirnnetzwerken könnte daher eine neuronale Widerspiegelung der positiven Verhaltensvielfalt darstellen, einer Essenz des Konzepts der allgemeinen Intelligenz.
Die Ergebnisse legen vereinfacht gesagtnahe, dass die funktionellen Netzwerke von Menschen mit einer höheren Intelligenz beim Wechsel zwischen verschiedenen kognitiven Zuständen angesichts einer Problemstellung eine geringere Anpassung erfordern, denn ihre Netzwerkarchitektur ist so gestaltet, dass der Wechsel etwa vom Ruhe- in den Arbeitsmodus nur geringe Umstellungen erfordert, dass also Anpassungen an neue Aufgaben für sie weniger aufwendig zu bewerkstelligen sind. Dieser Effekt trat dabei unabhängig von der Art der zu bearbeitenden Aufgabe auf, war also auch unabhängig von den verschiedenen zu bewältigenden kognitiven Anforderungen. Intelligenz ist demnach also ein Phänomen des gesamten Gehirns, sich an verschiedenen Anforderungen anzupassen, und je intelligenter ein Mensch ist, desto besser ist also die Netzwerkarchitektur seines Gehirns dafür geeignet, verschiedene kognitive Anforderungen zu erfüllen.
Literatur
Faskowitz, Joshua, Sporns, Olaf & Hilger, Kirsten (2022). Multitask Brain Network Reconfiguration Is Inversely Associated with Human Intelligence. Cerebral Cortex, doi:0.1093/cercor/bhab473.
Impressum ::: Datenschutzerklärung ::: Nachricht ::: © Werner Stangl ::: Pädagogische Neuigkeiten für Psychologen :::