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Kulturunabhängige Intelligenztests – Culture Fair Tests

Die Inhalte der meisten Aufgaben in Intelligenztests sind zu einem großen Teil abhängig vom Kulturkreis, von der sozialer Schicht, vom Bildungsstand und von der Sprache. Es war daher von Anbeginn der Intelligenzforschung das Bemühen der Intelligenzforscher solche Tests zu entwickeln, die von diesen Einflüssen möglichst unabhängig sind und so als fair bezeichnet werden können. Cattell unterschied zwei grundsätzliche Faktoren der menschlichen Intelligenz, die angeborene, allgemeine Intelligenz (füssige Intelligenz, fluid intelligence), die darin besteht, gänzlich neue Problemsituationen ohne Rückgriff auf frühere Lernerfahrung zu meistern. Daneben gibt es spezialisiertes Wissen und Bildung, in der sich die bisherige Lernerfahrung niederschlägt (kristallisierte Intelligenz, cristallized intelligence). Kulturfreie Tests beziehen sich in der Regel auf die flüssige Intelligenz, wobei bei ihnen sprachliche und numerische Inhalte ausgeschlossen und vorwiegend visuelle Erkennungs- und Kombinationsaufgaben gestellt werden. Häufig müssen bei der Überprüfung dieser Intelligenz unvollständige Muster ergänzt oder einfache Figuren mit Hilfe von Stäbchen oder Kärtchen gelegt werden.

Intelligenz und soziale Schichtung

*** Hier KLICKEN: Das BUCH dazu! *** In einer ständischen oder Kastengesellschaft wird der Lebenserfolg mit der Geburt weitgehend unabhängig von der eigenen Leistung festgelegt. Niedrig geboren, niedrig gestorben. In offenen Gesellschaften hängt der spätere Status wesentlich auch von individuellen Kompetenzen ab. In hochentwickelten Ländern werden Berufs- und Lebenschancen vor allem über Erfolge im Bildungssystem verteilt. Da Intelligenz ein besonders wichtiger Faktor für den Schul-, Studien-, Ausbildungs- und Lebenserfolg ist (daneben spielen natürlich auch Persönlichkeitsmerkmale wie Motivation, Fleiß, Arbeitshaltung, Selbstdisziplin und Gewissenhaftigkeit eine Rolle), wird sich langfristig, wenn Leistung eher zum Aufstieg und Nichtleistung zum Abstieg führen, eine Schichtung nach Intelligenz und Persönlichkeit einstellen. Je meritorischer eine Gesellschaft ist, desto weniger Ressourcen verbleiben in unteren Schichten, da intelligentere Personen aufsteigen bzw. aufgestiegen sind und ihre Intelligenz über Gene und durch ein intellektuell stimulierendes Entwicklungsmilieu zu nennenswertem Anteil an ihre Kinder weitergeben. Studien aus England haben beispielsweise gezeigt, dass intelligente Kinder aus der Unterschicht aufsteigen können, wenig intelligente Kinder aus der Oberschicht steigen aber nahezu nicht ab; es gibt damit eine Aufstiegsmeritokratie, keine Abstiegsmeritokratie.

Selbstdisziplin ist wichtiger als Intelligenz

*** Hier KLICKEN: Das BUCH dazu! *** Zu diesem Ergebnis kamen Angela Duckworth & Martin Seligman in einer Studie, in der sie 140 Kinder mit einem Durchschnittsalter von 13 von Beginn des Schuljahrs an beobachteten. Im Herbst machten sowohl die Kinder als auch deren Eltern und Lehrer Angaben über ihre Selbstdisziplin – etwa wie gut sie Regeln befolgten oder wie sehr sie ihre Gefühle im Griff hatten: Das Ausmaß der Selbstdisziplin sagte voraus, wie gut die Noten der Kinder am Ende des Schuljahres waren, und das zuverlässiger als ihr Intelligenzquotient.

Intelligenztest als Beispiel für das „Schema der Aufgabe

Für Theodor W. Adorno ist in den Minima Moralia der Intel­li­genz­test ein gutes Beispiel für das „Schema der Aufgabe“, indem dieser nicht nur indi­vi­du­elle Leis­tungen misst, sondern immer auch das Verhalten der Probanden formt, indem er die Über­prü­fung des „eigenen in Form Seins“ habi­tua­li­siert. Wer gelernt hat, dass Intel­li­genz als Anpas­sungs­leis­tung an die Aufgaben des Lebens zu verstehen ist, der „benimmt sich tenden­ziell bereits von sich aus, als ob er unab­lässig seine Taug­lich­keit darzutun hätte“. Auch der aktuelle Umbau des Bildungs­sys­tems steht wohl für ein solches Verständnis von Bildungspolitik, das im Wesentlichen nur zu lösende Aufgaben – etwa in Form von länderübergreifenden Leistungststs – kennt, verschleiernd benannt als Quali­täts­ent­wick­lung und Quali­täts­si­che­rung an Schulen. Es wird in solchen Tests daher weniger die Leistung in den einzelnen Domänen überprüft, sondern es erfolgt eine schleichende Anpassung an domänfremde Normen, in denen Kreativität und Anderssein nur mehr wenige Chancen haben.

Quellen

Rindermann, Heiner & Rost, Detlef (2010). Was ist dran an Sarrazins Thesen?
WWW: http://www.faz.net/-01hi28 (10-09-08)
http://geschichtedergegenwart.ch/neue-psychotechnik/ (18-03-12)




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2 Gedanken zu „Kulturunabhängige Intelligenztests – Culture Fair Tests“

  1. Die „meritokratische Logik“ beschreibt die Folgen des Zusammenhangs von Bildung und Beschäftigung, d.h., die Hierachie nach Leistung. Soziale und berufliche Positionen (die gesellschaftliche Position) werden über schulische Leistungen und deren Zertifizierung zugewiesen. (Bildungsmeritokratie). Je höher der erreichte Abschluss im allgemeinen Bildungssystem ist, desto höher ist auch die gesellschaftliche Position, die jemand einnehmen kann. Dies führt dazu, dass jeder versucht möglichst hohe Zertifizierungen zu erlangen, um später dann auch die Möglichkeit zu haben, einen höheren gesellschaftlichen Status zu erreichen.

  2. Wikipedia: Eine Meritokratie (lat.: meritum „das Verdienst“ und griech.: κρατεῖν, kratein „herrschen“) ist eine Regierungsform, bei der die Amtsträger (Herrscher) aufgrund ihrer Leistung ausgewählt werden.

    A. entweder herrschen die Leistungsfähigsten oder nicht. Aufstiegsmeritokratie ist also ein Unwort (wie Super-GAU)

    B. Wir haben eine Demokratie (dachte ich)

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