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Sprachen funktionieren weltweit ähnlicher als gedacht

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    Obwohl die Menschheit rund 7000 Sprachen spricht, die sich in Klang, Rhythmus und Wortschatz stark unterscheiden, zeigt sich auf der grammatischen Ebene eine überraschende Nähe. Eine neue groß angelegte Analyse, die auf der Grambank-Datenbank mit Informationen zu mehr als 2.400 Sprachen basiert, weist darauf hin, dass viele dieser Sprachen grundlegenden strukturellen Prinzipien folgen. Verkerk et al. (2025) verglichen 191 mögliche grammatikalische Universalien, also Merkmale, die theoretisch in allen Sprachen vorkommen sollten, mit hochkomplexen statistischen Methoden. Dabei stand besonders im Fokus, inwieweit übergeordnete Muster tatsächlich unabhängig voneinander entstanden sind und nicht lediglich durch geographische Nähe oder gemeinsame sprachliche Abstammung erklärt werden können.

    Die Analysen zeigten, dass 60 der 191 geprüften Strukturen in sämtlichen untersuchten Sprachen auftreten und somit als robuste Universalien gelten können. Beispiele hierfür sind typische Ordnungsmuster in Sätzen, etwa die Position von Verb und Objekt oder die Frage, ob eine Sprache Präpositionen vor oder Postpositionen nach dem Nomen verwendet. Obwohl diese konkreten Ausprägungen zwischen Sprachen variieren, im Deutschen folgt bekanntlich das Objekt meist auf das Verb, während etwa im Japanischen das Verb am Satzende steht, lassen sich übergeordnete Organisationsprinzipien erkennen, die offenbar überall wirksam sind. Mithilfe bayesscher Verfahren errechnete das Forschungsteam die Wahrscheinlichkeit, mit der solche Muster in unterschiedlichen Sprachfamilien auftreten, und konnte so herausarbeiten, welche Strukturen tatsächlich universell sind.

    Bemerkenswert ist dabei nicht nur, wie viele Gemeinsamkeiten sich nachweisen lassen, sondern auch, wie viele theoretisch postulierte Universalien nicht standhalten. Viele zuvor angenommene Gesetzmäßigkeiten erwiesen sich als statistische Artefakte, die aus der engen Verwandtschaft oder Nachbarschaft bestimmter Sprachen entstanden waren. Dennoch bleibt als bedeutende Erkenntnis, dass Sprachentwicklung keineswegs zufällig verläuft. Vielmehr scheint es grundlegende kognitive und kommunikative Anforderungen zu geben, die Menschen weltweit dazu veranlassen, nur eine begrenzte Anzahl grammatischer Lösungen auszubilden. Diese wiederkehrenden Strukturen deuten darauf hin, dass sich im Laufe der Sprachgeschichte bestimmte Formen als besonders effizient für Verständigung und Informationsaustausch erwiesen haben.

    Für zukünftige Studien plant man daher, die zeitliche Dimension stärker einzubeziehen, um zu verstehen, wie sich bestimmte grammatische Eigenschaften im Verlauf der Evolution verändert haben und welche sozialen, ökologischen oder demographischen Bedingungen diesen Wandel beeinflusst haben könnten. Nur durch die Einbettung in langfristige historische Entwicklungen lassen sich die Mechanismen der Sprachentstehung und -veränderung umfassend rekonstruieren. Größere Datensätze sollen sicherstellen, dass auch hierbei robuste statistische Aussagen getroffen werden können und Verzerrungen durch räumliche oder genealogische Nähe möglichst ausgeschlossen werden.

    Literatur

    Verkerk, A., Gray, R. D., & Kolleginnen. (2025). Shared universal pressures in the evolution of human languages. Nature Human Behaviour, doi:10.1038/s41562-025-02355-7

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