Eine Untersuchung von Schmidig et al. (2023) weist darauf hin, dass Augenbewegungen als Indikator für Gedächtnisinhalte dienen können, die sich einer bewussten verbalen Reproduktion entziehen. Damit erweitert die Studie das Verständnis von Gedächtnisprozessen über die bislang dominierende Methode der Selbstauskunft hinaus. Traditionelle Ansätze zur Gedächtnismessung basieren primär auf der Fähigkeit von Probandinnen, erinnertes Material sprachlich zu berichten. Diese Vorgehensweise ist jedoch problematisch, wenn es um Populationen wie Säuglinge, nicht-sprechende Personen oder Menschen mit neurologischen Schädigungen geht, da diese Gruppen häufig nicht über die nötigen kommunikativen Mittel verfügen.
In einer Reihe experimenteller Untersuchungen wurde beobachtet, dass Versuchspersonen beim wiederholten Betrachten von Animationssequenzen ihre Augen auf jene Bildbereiche richteten, an denen zuvor unerwartete Ereignisse stattgefunden hatten. Dies geschah selbst dann, wenn die Betroffenen angaben, sich nicht erinnern zu können. Die Blickbewegungen legen somit nahe, dass Erinnerungsinhalte implizit gespeichert und durch unwillkürliche Aufmerksamkeitsprozesse sichtbar werden. Dieses Ergebnis stützt die Annahme, dass Augenbewegungen ein valides Maß für nicht-bewusstes Erinnern darstellen.
Besonders relevant sind diese Befunde für den klinischen und diagnostischen Bereich. Die Erfassung von Gedächtnisleistungen bei Alzheimer-Betroffenen oder Personen mit Sprach- und Bewusstseinsstörungen könnte durch die Blickbewegungsanalyse erheblich präzisiert werden. Zudem besitzt die Methode ein großes praktisches Potenzial, da sie mit verhältnismäßig einfachen technischen Mitteln umgesetzt werden kann: Bereits handelsübliche Laptop- oder Smartphone-Kameras reichen aus, um die notwendigen Daten aufzuzeichnen. Dadurch wird eine breite Anwendbarkeit sowohl in Forschungseinrichtungen als auch in klinischen Kontexten realistisch.
Diese Studie verdeutlicht also, dass die Analyse von Augenbewegungen nicht nur eine methodische Innovation darstellt, sondern auch das Potenzial besitzt, bislang unzugängliche Dimensionen des menschlichen Gedächtnisses systematisch zu erschließen.
Literatur
Schmidig, F. J., Shalev, L., & Avidan, G. (2023). Eye movements reveal memory beyond verbal reports. Communications Psychology, 1(52), doi:10.1038/s44271-023-00052-3
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This fascinating study offers a groundbreaking approach to memory measurement, especially for vulnerable populations. The idea of using eye movements to uncover implicit memory is intriguing and holds immense potential for both research and clinical applications.
Diese faszinierende Studie bietet einen bahnbrechenden Ansatz zur Messung des Gedächtnisses, insbesondere bei gefährdeten Bevölkerungsgruppen. Die Idee, implizites Gedächtnis mithilfe von Augenbewegungen aufzudecken, ist faszinierend und birgt ein immenses Potenzial sowohl für die Forschung als auch für klinische Anwendungen.