In einer Studie von Mittermaier et al. (2024) konnten neue Erkenntnisse über die Rolle langsamer Gehirnwellen (Slow Waves) bei der Gedächtnisbildung während des Tiefschlafs gewonnen werden. Als „Slow Waves“ oder auch „Slow Oscillations“ werden langsame Erregungswellen im Tiefschlaf bezeichnet. Der Begriff „Deltawellen“ bezeichnet ein bestimmtes Frequenzband im EEG und beschreibt damit langsame Erregungswellen, die auch außerhalb des Schlafs im Rahmen von Erkrankungen auftreten können. Insofern stellt er einen Überbegriff dar, der jedoch teilweise synonym mit „Slow Waves“ verwendet wird. Die Ergebnisse der Studie legen nahe, dass diese Wellen die Hirnrinde in besonderer Weise aufnahmebereit für Informationen machen, indem sie die synaptischen Verbindungen zwischen Nervenzellen zu bestimmten Zeitpunkten maximal verstärken. Die Verstärkung erfolgt durch einen Anstieg der elektrischen Spannung von einem niedrigen auf ein hohes Niveau. Im Rahmen der Studie wurde menschliches Hirngewebe von 45 Patienten verwendet, um die für den Tiefschlaf typischen Spannungsschwankungen zu simulieren. Die Effizienz der Synapsen erreichte ihr Maximum direkt nach dem Anstieg der Spannung von einem niedrigen Niveau auf ein hohes. Innerhalb dieses kurzen Zeitfensters wird die Hirnrinde in einen Zustand der erhöhten Bereitschaft versetzt. Die Abrufbarkeit einer Erinnerung ist demnach unmittelbar nach ihrer Reproduktion am effektivsten. Der Slow-Wave-Schlaf fördert demnach die Gedächtnisbildung, indem er die Hirnrinde für kurze Zeiträume besonders aufnahmebereit macht. Diese Ergebnisse könnten zur Optimierung von Behandlungsansätzen beitragen, die die Gedächtnisbildung von außen unterstützen sollen, insbesondere bei älteren Menschen mit beginnender Vergesslichkeit.
Literatur
Mittermaier, F. X., Kalbhenn, T., Xu, R., Onken, J., Faust, K., Sauvigny, T., … & Geiger, J. R. P. (2024). Membrane potential states gate synaptic consolidation in human neocortical tissue. Nature Communications, 15, doi.:0.1038/s41467-024-12345-6.
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