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Die Rolle des Gedächtnisses bei der Förderung von Kooperation in der Gesellschaft

    In einer kürzlich veröffentlichten Studie haben Forscher neue Erkenntnisse darüber gewonnen, wie das menschliche Gedächtnis das kooperative Verhalten in sozialen Interaktionen beeinflusst. Die Untersuchung von Glynatsi, Akin, Nowak & Hilbe (2024) zeigte, dass Strategien, die mehrere vergangene Züge eines Mitspielers berücksichtigen, die Kooperation in der Gesellschaft fördern können. Die Studie konzentriert sich auf das Konzept der „direkten Reziprozität„, bei dem Menschen in wiederholten Interaktionen dazu neigen, bedingt zu kooperieren. Dies bedeutet, dass sie ihr Verhalten davon abhängig machen, ob andere kooperieren, und entsprechend reagieren. Die Forscher erweitern dabei den traditionellen Ansatz der reaktiven Strategien, die nur auf den unmittelbar vorherigen Zug des Mitspielers reagieren, auf längere Speicher.

    Ein zentrales Konzept in der Studie sind die sogenannten „Partnerstrategien“, also Strategien, die nie als erste einen Fehler machen und somit versuchen, den anderen nicht auszunutzen. Solche Strategien können eine vollständige Zusammenarbeit als Nash-Gleichgewicht aufrechterhalten. Das Nash-Gleichgewicht ist ein zentraler Begriff der Spieltheorie. Es beschreibt in nicht-kooperativen Spielen eine Kombination von Strategien, wobei jeder Spieler genau eine Strategie wählt, von der aus es für keinen Spieler sinnvoll ist, von seiner gewählten Strategie als einziger abzuweichen. In einem Nash-Gleichgewicht ist daher jeder Spieler auch im Nachhinein mit seiner Strategiewahl einverstanden, er würde sie wieder genauso treffen. Die Strategien der Spieler sind demnach gegenseitig beste Antworten. Die Autoren charakterisieren Partner als Strategien, die auf das Verhalten des Gegners während der letzten n Interaktionen reagieren. Die Forscher entwickelten einen Algorithmus, um Partnerstrategien innerhalb verschiedener Strategiesätze zu identifizieren. Sie geben explizite Bedingungen für alle Partnerstrategien unter reactive-2, reactive-3 und reactive-n counting Strategien an. Um die Rolle des Gedächtnisses weiter zu untersuchen, führten sie evolutionäre Simulationen durch, bei denen sie verschiedene Parameter wie das Kosten-Nutzen-Verhältnis der Kooperation, die Fehlerrate und die Stärke der Selektion variierten.

    Ein wichtiges Ergebnis der Studie ist, dass innerhalb der betrachteten Strategiesätze ein längeres Gedächtnis tendenziell die Kooperation fördert. Dieser positive Effekt des Gedächtnisses ist besonders ausgeprägt, wenn die Individuen die genaue Reihenfolge der Züge berücksichtigen, anstatt nur die Häufigkeit der Kooperation zu betrachten. Diese Erkenntnisse haben bedeutende Implikationen für unser Verständnis von Kooperation in der Gesellschaft. Sie zeigen, dass eine langfristige Perspektive auf das Verhalten anderer – das „Gedächtnis“ für frühere Kooperationen oder Konflikte – eine stabile Zusammenarbeit ermöglichen kann. Dies ist besonders relevant in dynamischen sozialen Umfeldern, in denen Fehler und Missverständnisse häufig vorkommen.

    Für Unternehmen und Organisationen könnte dies bedeuten, dass eine Kultur des Vertrauens und der langfristigen Zusammenarbeit gefördert werden sollte. In solchen Umgebungen würden Fehler nicht sofort zu einem Abbruch der Kooperation führen, sondern im Kontext früherer positiver Interaktionen bewertet werden. Die Studie betont die Bedeutung eines längeren Gedächtnisses und komplexer Strategien für nachhaltige Zusammenarbeit. Sie bietet einen neuen Blickwinkel auf die Frage, wie langfristige Kooperation in einer Welt, die oft von kurzfristigen Interessen und Fehlern geprägt ist, erfolgreich gestaltet werden kann.

    Insgesamt zeigte sich, dass das Gedächtnis eine Schlüsselrolle bei der Förderung von Kooperation spielt – nicht nur in theoretischen Modellen, sondern auch im täglichen Leben und in der Gestaltung von sozialen Systemen. Diese Erkenntnisse können dazu beitragen, effektivere Strategien für die Förderung von Zusammenarbeit in verschiedenen Bereichen der Gesellschaft zu entwickeln.



    Literatur

    Glynatsi, N. E., Akin, E., Nowak, M. A., & Hilbe, C. (2024). Conditional cooperation with longer memory. Proceedings of the National Academy of Sciences, 121, doi:10.1073/pnas.2420125121.
    https://de.wikipedia.org/wiki/Nash-Gleichgewicht (24-12-08)


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