Innere Uhren steuern in nahezu allen Lebewesen physiologische Prozesse sowie das Verhalten. Diesbezüglich weisen alle Tiere, einschließlich des Menschen, tägliche Rhythmen hinsichtlich ihrer Aktivität, ihres Schlafes, ihres Hungers, ihres Stoffwechsels sowie ihrer Fortpflanzung auf. Das System, welches die biologischen Rhythmen reguliert, wird als circadiane Uhr bezeichnet und steuert sämtliche Vorgänge im Körper innerhalb eines 24-Stunden-Zeitraums. Die zentrale Steuereinheit, die „Hauptuhr“, ist bei Wirbeltieren im Gehirn in einem Bereich lokalisiert, der als suprachiasmatischer Nukleus (SCN) bezeichnet wird. Die Funktion dieser Hirnregion beschränkt sich nicht auf die Regulierung und Synchronisierung der Rhythmen im Gehirn, sondern umfasst auch die Steuerung anderer Uhren in den Geweben des gesamten Körpers. Sie gewährleistet die koordinierte Funktionalität der Körperrhythmen und kann bei Störungen des Systems zu Schlaf- und Stoffwechselstörungen führen. Die Anzahl der Neuronen, welche die Hauptuhr bei Wirbeltieren bilden, beläuft sich auf etwa 20.000. In Anbetracht dieser signifikanten Anzahl von Neuronen und der zahlreichen Verbindungen, die sie innerhalb des Gehirns bilden, ist es äußerst herausfordernd, die Interaktionen nachzuvollziehen und die Funktionsweise des Uhrennetzwerks zu verstehen. Um die Komplexität auf einem überschaubareren Niveau zu erfassen, bedient man sich Modellorganismen, deren Gehirne bereits kartiert wurden. Ein Beispiel hierfür ist das Gehirn der Taufliege Drosophila, welches nahezu 140.000 Neuronen umfasst.
Reinhard et al. (2024) haben jüngst eine detaillierte Karte der Inneren Uhr im Gehirn der Taufliege Drosophila erstellt, indem sie das kürzlich erstellte Konnektom des Fliegenhirns nutzten, um alle Neuronen zu identifizieren, die zur circadianen Uhr gehören. Wann fand dabei, dass die innere Uhr der Taufliege aus mindestens 240 Neuronen besteht, deutlich mehr als die ursprünglich geschätzten 150. Einige der neu identifizierten Uhrneurone zeigen Eigenschaften, die bisher nur von Wirbeltieren bekannt waren, was auf eine größere Ähnlichkeit zwischen Insekten und Wirbeltieren hindeutet als bisher angenommen. Die Studie ermöglichte auch die Identifizierung bestimmter Typen von Uhrneuronen, die zusammenarbeiten und die Kommunikation im gesamten Uhrnetzwerk koordinieren. Diese Erkenntnisse helfen zu verstehen, wie rhythmische Verhaltensweisen wie Nahrungsaufnahme, Schlaf und Fortpflanzung sowie die Hormonausschüttung koordiniert werden, insbesondere bieten die Ergebnisse eine Grundlage für das Verständnis circadianer Dysregulationen und könnte zu neuen Therapieansätzen für Schlaf- oder Stoffwechselstörungen, etwa bei der Behandlung circadianer Gesundheitsprobleme.
Literatur
Reinhard, N., Fukuda, A., Manoli, G., Derksen, E., Saito, A., Möller, G., Sekiguchi, M., Rieger, D., Helfrich-Förster, C., Yoshii, T. & Zandawala, M. (2024). Synaptic connectome of the Drosophila circadian clock. Nature Communications., doi:10.1038/s41467-024-54694-0.
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