Der Geruchssinn ist eine grundlegende sensorische Modalität, die das Verhalten von Tieren und Menschen steuert. Die zugrundeliegenden neuronalen Prozesse des menschlichen Geruchssinns sind jedoch auf der Ebene der einzelnen Neuronen noch wenig verstanden. Kehl et al. (2024) konnten über die Aufzeichnung der Aktivität einzelner Neuronen im piriformen Cortex und im medialen Temporallappen bei wachen Menschen, die eine Aufgabe zur Geruchsbewertung und -identifizierung durchführte, dieser Frage näher kommen. Sie identifizierten geruchsmodulierte Neuronen im piriformen Cortex, in der Amygdala, im entorhinalen Cortex und im Hippocampus. In jeder dieser Regionen kodiert das Feuern der Neuronen genau die Geruchsidentität. Besonders bemerkenswert war, dass wiederholte Darbietungen von Gerüchen die Feuerungsraten reduzieren, was auf eine zentrale Unterdrückung von Wiederholungen und Gewöhnung hinweist.
Verschiedene Regionen des medialen Temporallappens spielen bei der Geruchsverarbeitung aber eine unterschiedliche Rolle, wobei Neuronen der Amygdala die subjektive Geruchsvalenz kodieren und Neuronen des Hippocampus die Leistung bei der Geruchsidentifizierung vorhersagen. Während piriforme Neuronen vorzugsweise die chemische Geruchsidentität kodieren, spiegelt die Aktivität im Hippocampus die subjektive Geruchswahrnehmung wider. Man stellte fest, dass die Neuronen des piriformen Cortex zuverlässig geruchsbezogene Bilder kodieren, was eine multimodale Rolle des menschlichen piriformen Cortex belegt. Man beobachtete auch eine ausgeprägte cross-modale Kodierung von Gerüchen und Bildern, insbesondere in der Amygdala und im piriformen Cortex. Darüber hinaus konnte man Neuronen identifizieren, die auf semantisch kohärente Geruchs- und Bildinformationen reagieren, was auf konzeptuelle Kodierungsschemata im Geruchssinn hinweist.
Diese Ergebnisse schließen die seit langem bestehende Lücke zwischen Tiermodellen und nicht-invasiven Humanstudien und erweitern das Verständnis der Geruchsverarbeitung im menschlichen Gehirn, indem sie neuronale Geruchscodierungsprinzipien, regionale Funktionsunterschiede und die cross-modale Integration identifizieren.
Literatur
Kehl, Marcel S., Mackay, Sina, Ohla, Kathrin, Schneider, Matthias, Borger, Valeri, Surges, Rainer, Spehr, Marc & Mormann, Florian (2024). Single-neuron representations of odours in the human brain. Nature, doi: 10.1038/s41586-024-08016-5.
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