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Die Anpassung der Gehirnentwicklung bei Babys an das Sprechtempo

    Die späte Entwicklung der schnellen Hirnaktivität im Säuglingsalter beschränkt die anfängliche Verarbeitungskapazität auf langsame Informationen, d.h. einzelne Laute in natürlich gesprochener Sprache dauern nur ca. 50 Millisekunden, aber das Gehirn eines Neugeborenen arbeitet noch sehr langsam und kann nur akustische Reize verarbeiten, die 150 bis 200 Millisekunden dauern. Dennoch erwerben Säuglinge im ersten Lebensjahr die kurzlebigen Sprachlaute ihrer Muttersprache.

    Menn et al. (2024) untersuchten nun, warum Babys dennoch in den ersten Lebensmonaten scheinbar mühelos und schnell Sprache erwerben, indem sie den frühen Aufbau des kindlichen Phoneminventars mit naturalistischen Elektroenzephalogrammen analysierten. Dabei verwendeten sie die neue Methode der Dekonvolutionsmodellierung, um die Entstehung der merkmalsbasierten Phonemrepräsentation zu erfassen, von der man weiß, dass sie die Sprachverarbeitung im reifen Gehirn bestimmt. Im Experiment wurde den Babys die Geschichte von Lars dem Eisbären zuerst auf Deutsch und dann zur Kontrolle auf Französisch vorgespielt. Das EEG zeigte, dass die Babys auch darauf reagierten, dass das Gehirn die Signale verarbeitete, dass sie aber die fremden Laute nicht erkannten, also bereits zwischen Muttersprache und Fremdsprache unterscheiden konnten.

    Die Querschnittsanalyse zeigte demnach eine allmähliche Zunahme der neuronalen Reaktionen auf Phoneme im Laufe der Entwicklung, wobei entscheidend ist, dass Säuglinge zuerst Phonemmerkmale zu erwerben scheinen, die sich über längere Zeitintervalle erstrecken und damit der langsamen Verarbeitungskapazität von Säuglingen entsprechen. Kürzere Phonemmerkmale werden dann schrittweise hinzugefügt, wobei die kürzesten zuletzt erworben werden.

    Diese Studie zeigt, dass die ontogenetische Beschleunigung der Elektrophysiologie den frühen Spracherwerb beeinflusst, indem sie die Dauer der erworbenen Einheiten bestimmt. Der frühe phonologische Erwerb hängt also von der Dauer der phonologischen Merkmale (d.h. der Grundbausteine der Phoneme) ab.



    Literatur

    Menn, Katharina H., Männel, Claudia & Meyer, Lars (2024). Phonological acquisition depends on the timing of speech sounds: Deconvolution EEG modeling across the first five years. Science Advances, 9, doi:10.1126/sciadv.adh2560.


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