Frühere Forschungen haben gezeigt, dass sich die mit einem Reiz verbundene Angst häufig auf andere Reize mit ähnlichen Wahrnehmungsmerkmalen sowie auf verschiedene Reizkategorien ausbreitet, wobei die Exposition als wirksamste Intervention zur Verringerung übermäßiger Angst gilt. Lange Zeit ging man davon aus, dass unterschiedliche Expositionstherapien zur Behandlung unterschiedlicher Angstzustände erforderlich sind. Eine Studie von Kodzaga et al. (2023) zeigte, dass eine Expositionstherapie für eine spezifische Angst auch andere Ängste lindern kann. In der vorliegenden Studie wurde untersucht, ob eine Generalisierung der Expositionsbehandlung auf unbehandelte Stimuli erreicht werden kann, die keine Ähnlichkeit in der Wahrnehmung aufweisen und zu einer anderen Angstkategorie gehören. Eine analoge Stichprobe von 50 Personen mit Spinnenangst (tierbezogene Ängste) und Höhenangst (umweltbezogene Ängste) wurde getestet, wobei die Teilnehmer randomisiert entweder einer Expositionsbehandlung (n = 24) oder einer Kontrollbedingung (n = 26) zugeteilt wurden. Die Expositionsbehandlung war so konzipiert, dass sie nur auf die Spinnenangst der Teilnehmer abzielte, während ihre Höhenangst unbehandelt blieb. Die Ergebnisse zeigten, dass die Effekte der Expositionstherapie auch auf die Höhenangst übertragbar waren, was sich in einer Reduktion des Vermeidungsverhaltens und der selbstberichteten Symptome der Akrophobie zeigte. Der signifikante Effekt zeigte sich sowohl in den subjektiven als auch in den Verhaltensmaßen, wobei die Höhenangst durch die Exposition mit Spinnen um durchschnittlich 15 Prozent abnahm. Die Erkenntnis, dass eine Exposition mit Spinnen auch die Höhenangst reduziert, eröffnet neue Perspektiven für eine effektive Behandlung von Ängsten, denn sie könnte bedeuten, dass bisherige Therapieansätze überdacht und möglicherweise universellere Methoden entwickelt werden müssen. Wie der Übertragungseffekt von einer Angst auf die andere zustande kommt, ist noch unklar, da soziale Lernprozesse den Effekt nicht vollständig erklären können. Es wird vermutet, dass der Generalisierungseffekt durch eine Steigerung der Selbstwirksamkeitserwartung infolge der Expositionstherapie entstanden sein könnte oder dass es einen gemeinsamen Nenner zwischen Spinnen- und Höhenangst gibt, der nicht offensichtlich ist. Die vorliegende Studie widerlegt zumindest die Hypothese, dass die Generalisierung von Expositionseffekten auf unbehandelte Ängste auf perzeptueller Ähnlichkeit beruht.
Literatur
Kodzaga, Iris, – Dere, Ekrem & Zlomuzica, Armin (2023). Generalization of beneficial exposure effects to untreated stimuli from another fear category. Translational Psychiatry, 13, doi:10.1038/s41398-023-02698-7.
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