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Kognitive Entwicklung im Kleinkindalter verläuft in Brüchen

    Mit ausgeklügelten Tests haben Entwicklungspsychologen aus Greifswald (Krist, 2013) das Denken von Kleinkindern untersucht und die in der Säuglingsforschung angenommene Kontinuität der Denkentwicklung in Frage gestellt. In spielerischen Situationen erfassten sie das naive alltagsbezogene mathematische, physikalische und psychologische Denken von Kindern im Alter von ein bis sechs Jahren. Im Test „Schweinetheater“ wird den Kindern eine Bühne mit einem Schwein gezeigt, dann wird der Vorhang heruntergelassen und ein zweites Schwein von der Seite für das Kind sichtbar hineingeschoben. Nicht sichtbar wird ein drittes Schweinchen daneben gestellt und der Vorhang wieder hochgezogen. Während Babys mit Verwunderung und langem Blickkontakt auf die drei Schweinchen reagieren, nehmen Dreijährige das Bild überwiegend ohne Widerspruch und Verwunderung hin.

    Auch beim Würfelspiel schneiden Säuglinge und Zweijährige teilweise besser ab als Dreijährige. Wahrscheinlich denken Säuglinge rein intuitiv und ganz anders als Vorschulkinder, deren Denken an die Sprache gebunden ist. In dieser Übergangsphase, die etwa im Alter von drei Jahren stattfindet, wird das intuitive Wissen durch explizitere und bewusstere Wissensformen ersetzt. Es wird vermutet, dass die Sprachentwicklung dabei eine Rolle spielt.

    Die kognitive Entwicklung in den ersten Lebensjahren ist also offenbar stärker von Brüchen und weniger von Kontinuität geprägt als bisher angenommen. Dies könnte auch mit der infantilen Amnesie, also dem späteren Nicht-Erinnern der ersten Lebensjahre, zusammenhängen, denn Ereignisse in den ersten Jahren werden noch nicht sprachlich gespeichert und daher später auch nicht erinnert. Mit dem Spracherwerb weicht also das intuitive Denken des Säuglings dem bewussten, expliziten Denken, was zunächst zu Fehlern führen kann (Stangl, 2023).



    Literatur

    Krist, H. (2013). Entwicklung intuitiver Statik: Schwierigkeiten von Vorschulkindern bei der Beurteilung der Stabilität asymmetrisch geformter Objekte sind nicht auf externe Aufgabenanforderungen zurückzuführen. Zeitschrift für Entwicklungspsychologie und Pädagogische Psychologie, 45, 27-33. (Stangl, 2023).
    Stangl, W. (2014, 12. Juli). Schlussfolgerndes Denken bei Kindern. [werner stangl]s arbeitsblätter.
    https://arbeitsblaetter.stangl-taller.at/DENKENTWICKLUNG/DenkenKinder.shtml


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