Die Muttersprache und die Sprachen, die man im Laufe seines Lebens lernt, beeinflussen die Art und Weise, wie man die Welt sieht. Wer mehrere Sprachen spricht und regelmäßig zwischen ihnen wechselt, trainiert zudem sein Gehirn und kann irrelevante Informationen besser ausblenden. Insgesamt hat Sprache also einen starken Einfluss darauf, wie Menschen Ereignisse erleben. Fernandez-Duque et al. (2023) untersuchten, wie die Sprachen, die Menschen sprechen, ihre Aufmerksamkeit lenken und beeinflussen können und woran sie sich in einer visuellen Szene erinnern.
In dieser Studie wurde überprüft, ob eine solche sprachliche Koaktivierung während einer visuellen Suchaufgabe die Erinnerung an Objekte verändert. Bilinguale und monolinguale Versuchspersonen erinnerten sich besser an englische Konkurrenzwörter, die phonologisch mit einem gesprochenen englischen Ziel übereinstimmten, als an Kontrollobjekte ohne eine solche Namensübereinstimmung. Gute Spanischkenntnisse verbesserten auch die Erinnerung an spanische Konkurrenzwörter mit interlingualen Überschneidungen. Zweisprachige Testpersonen konnten also zuvor gesehene Objekte besser wiedererkennen als Personen ohne zusätzliche Sprachkenntnisse, denn offenbar ermöglicht Mehrsprachigkeit dem Gehirn, zusätzliche Verknüpfungen zwischen Sprache und visuellen Eindrücken herzustellen, was dann die Aufmerksamkeit und die spätere Erinnerung fördert. Spracherfahrungen beeinflussen also nicht nur, wie Menschen ihre aktuelle Umgebung wahrnehmen, sondern auch, woran sie sich langfristig erinnern.
Daraus wird geschlossen, dass sprachliche Vielfalt zum Teil für Unterschiede in höheren kognitiven Funktionen wie dem Gedächtnis verantwortlich ist, und dass mehrsprachige Menschen ein fruchtbares Feld für die Untersuchung der Wechselwirkung zwischen Sprache und Kognition bieten. Der sprachliche Wettbewerb innerhalb und zwischen Sprachen verändert das Gedächtnis für visuelle Objekte, was zeigt, dass Sprache und Gedächtnis miteinander verbunden sind.
Literatur
Fernandez-Duque, Matias, Hayakawa, Sayuri & Marian, Viorica (). Speakers of different languages remember visual scenes differently. Science Advances, 9, doi:10.1126/sciadv.adh0064.
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