Eine Metaanalyse (Chester, 2023) zeigt, dass Aggression nicht allein auf mangelnde Selbstkontrolle zurückzuführen ist, sondern dass Aggression oft eine absichtliche, kontrollierte Handlung darstellt, die zur Maximierung der Vergeltung begangen wird. Dies widerspricht dem traditionellen Ansatz, gewalttätige Tendenzen durch Stärkung der Selbstkontrolle zu behandeln, sondern lassen eher vermuten, dass solche Maßnahmen manche Menschen sogar in die Lage versetzen, ihre aggressiven Emotionen besser auszuleben.
Aggression ist also nicht zwangsläufig auf eine schlechte Selbstbeherrschung zurückzuführen, vielmehr kann sie ein kalkulierter Akt der Vergeltung sein, der Selbstdisziplin erfordert, um ihn wirksam auszuführen. Es gibt Hinweise darauf, dass Selbstbeherrschungstrainingsprogramme nicht unbedingt gewalttätige Tendenzen verringern. Forschungsergebnisse weisen auch darauf hin, dass der präfrontale Cortex, ein Zentrum der Selbstkontrolle, während der Aggression eine erhöhte Aktivität aufweist, was den Zusammenhang zwischen mangelnder Selbstkontrolle und Aggression weiter entkräftet.
Rachsüchtige Menschen neigen dazu, ihr Verhalten besser zu planen und sich selbst zu kontrollieren, so dass sie die Befriedigung süßer Rache aufschieben und ihre Zeit abwarten können, um denjenigen, die ihnen ihrer Meinung nach Unrecht getan haben, maximale Vergeltung zukommen zu lassen, wobei selbst psychopathische Menschen, die die Mehrheit der Gewalttäter ausmachen, oft eine robuste Entwicklung der hemmenden Selbstkontrolle im Laufe der Jahre zeigen. Zwar können Maßnahmen, die darauf abzielen, den Menschen beizubringen, ihre Impulse zu unterdrücken, bei einigen Menschen die Aggression verringern, bei anderen aber wahrscheinlich auch die Aggression verstärken, wobei man dabei einigen Menschen beibringt, wie sie ihre aggressiven Tendenzen am besten ausleben können.
Literatur
Chester, David S. (2023). Aggression as successful self-control. Social and Personality Psychology Compass, doi:10.1111/spc3.12832.
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