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Wie verdeckte Aufmerksamkeit funktioniert

    Verdeckte Aufmerksamkeit bedeutet, dass man etwas in seiner Umwelt genauer und schneller wahrnehmen kann, ohne dass man direkt hinschauen muss. Es geht also darum, eine Verlagerung des Aufmerksamkeitsfokus vorzunehmen, ohne dabei die Augen zu bewegen, was die Signalcodierung im visuellen Cortex vor Herausforderungen hinsichtlich der räumlichen Auflösung, der Signalweiterleitung und des Übersprechens stellt. Um nun herauszufinden, wie das Gehirn Dinge oder Orte trotzdem erfassen kann und wie die Aufmerksamkeit unabhängig von der Blickrichtung zwischen verschiedenen Orten wechseln kann, also wie der Cortex die Aufmerksamkeit verdeckt lenkt und wie Probleme während der Fokusverschiebung gelöst werden, analysierten Bartsch et al. (2023) die räumlich-zeitliche Dynamik der neuromagnetischen Aktivität im menschlichen visuellen Cortex als Funktion der Größe und Anzahl der Fokusverschiebungen bei einer visuellen Suche. Man verwendete dabei verschiedene Versionen einer visuellen Suchaufgabe, die es ermöglichen, den Grad der für die Zielidentifikation erforderlichen Aufmerksamkeitsverlagerung zu kontrollieren.

    Man stellte dabei fest, dass große Verschiebungen Aktivitätsmodulationen auslösen, die von der höchsten über die mittlere bis zur niedrigsten hierarchischen Ebene reichen, wobei kleinere Verschiebungen bewirken, dass diese Modulationen auf niedrigeren Ebenen in der Hierarchie beginnen, während aufeinanderfolgende Verschiebungen zu wiederholten Rückwärtsschritten in der Hierarchie führen. Dabei laufen diese Prozesse top-down, also von höheren zu tieferen Strukturebenen des visuellen Cortex, innerhalb von wenigen zehntel Millisekunden ab.

    Man kann daraus schließen, dass verdeckte Fokusverschiebungen durch einen cortikalen Grob-zu-Fein-Prozess entstehen, der von retinotopischen Bereichen mit größeren zu Bereichen mit kleineren rezeptiven Feldern führt. Dieser Prozess lokalisiert das Ziel und erhöht die räumliche Auflösung der Auswahl, wodurch mögliche Probleme der cortikalen Kodierung gelöst werden. Offenbar spielen sensorische Hirnbereiche eine weitaus komplexere Rolle bei intelligentem Verhalten spielt, als bisher angenommen worden war, sodass der menschliche visuelle Cortex gar keine strikt aufsteigende Verarbeitungsstrecke darstellt, wie man bisher glaubte.



    Literatur

    Bartsch, Mandy V., Merkel, Christian, Strumpf, Hendrik, Schoenfeld, Mircea A., Tsotsos, John K. & Hopf, Jens-Max (2023). A cortical zoom-in operation underlies covert shifts of visual spatial attention. Science Advances, 9, doi:10.1126/sciadv.ade7996.


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