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Zentrum für die Kategorisierung der Vertrautheit von Wörtern im Gehirn entdeckt

    Die visuelle Worterkennung ist ein entscheidender Prozess beim Lesen und stützt sich auf die linken ventralen okzipito-temporalen Regionen des menschlichen Gehirns, wobei die spezifische Funktion dieser Regionen bei der visuellen Worterkennung bisher noch nicht völlig klar war. Gagl et al. (2022) haben nun herausgefunden, dass diese okzipito-temporalen Gehirnsysteme für die lexikalische Kategorisierung entscheidend sind, d. h., für den Prozess der Bestimmung, ob eine orthografische Wahrnehmung ein bekanntes Wort betrifft oder nicht, so dass die weitere lexikalische und semantische Verarbeitung auf diejenigen Wahrnehmungen beschränkt werden kann, die Teil des vorhandenen mentalen Lexikons sind. Konkret geht es darum, dass ein Filterprozess im Gehirn dafür verantwortlich ist, dass man beim Lesen bekannte von unbekannten Wörtern trennen kann, was einen Kernprozess des Lesens darstellt. Wenn Menschen lesen, bewegen sich ihre Augen in der Regel sehr effizient und schnell von Wort zu Wort, wobei der Lesefluss in der Regel nur dann gestört wird, wenn man einem Wort begegnet, das man noch nicht kennt.

    Die Forscher und Forscherinnen haben dafür ein Berechnungsmodell für diese lexikalische Kategorisierung entwickelt, das scheinbar widersprüchliche Ergebnisse aus der veröffentlichten Literatur erklären könnte, wobei mit Hilfe der funktionellen Magnetresonanztomographie auch gezeigt werden konnte, dass das lexikalische Kategorisierungsmodell erfolgreich die Gehirnaktivierung im linken ventralen okzipito-temporalen Cortex vorhersagen kann, die während einer Worterkennungsaufgabe ausgelöst wird, wobei dies besser gelingt als bei anderen bisher vorgeschlagenen Modellen. Damit lieferte man auch kausale Belege für dieses Modell, indem mn empirisch nachweisen konnte, dass ein Training des Prozesses der lexikalischen Kategorisierung die Leseleistung verbessert, was sind Zusammenhang mit bestimmten Sprachstörungen vielversprechend zu sein scheint. Die exakte Modellierung von kognitiven Prozessen im menschlichen Gehirn könnte es demnach ermöglichen, Denk- und Wahrnehmungsprozesse wesentlich besser zu verstehen und so Trainingsansätze zur Kompensation von Funktionsstörungen zu entwickeln, wie etwa im Bereich der Lese- und Rechtschreibschwäche.



    Literatur

    Gagl, B., Richlan, F., Ludersdorfer, P., Sassenhagen, J., Eisenhauer, S., Gregorova, K. & Fiebach, C. J. (2022). The lexical categorization model: A computational model of left-ventral occipito-temporal cortex activation in visual word recognition. PLOS Computational Biology, doi:10.1371/journal.pcbi.1009995.


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