Abwesenheitsanfälle (Absence-Epilepsien) sind durch pathologische elektrographische Oszillationen in der Großhirnrinde und im Thalamus gekennzeichnet, die als Spike-and-Wave-Entladungen bezeichnet werden. Subkortikale Strukturen wie das Kleinhirn tragen möglicherweise zur Entstehung von AS bei, aber die zellulären und molekularen Grundlagen sind nach wie vor kaum bekannt. Schwitalla et al. (2022) arbeiteten mit Mäusen, denen der P/Q-Typ-Kalziumkanal in Nervenzellen des Kleinhirns fehlt und die in der Folge Absence-Epilepsie entwickeln. Man fand dabei heraus, dass die Nervenzellen in den Kleinhirnkernen eine ungewöhnliche Aktivität zeigten und dass eine Stimulation dieser Zellen die Spike-and-Wave-Entladungen unterdrücken konnte. Sie stimulierten die Kleinhirnkerne entweder durch Gabe einer pharmakologischen Substanz oder chemogenetisch. Für die chemogenetische Stimulation schleusten sie einen genetisch veränderten Rezeptor in die Zellen ein, sodass er über ein eigens dafür designtes Molekül aktiviert werden konnte, welches im Gehirn normalerweise nicht vorkommt. Auf diese Weise konnten die Forschenden die Aktivität der Kleinhirnkerne langsam erhöhen und weitere Spike-and-Wave-Entladungen verhindern. Außerdem nutzten man die optogenetische Stimulation, um die Aktivität der Kleinhirnkerne kurzzeitig zu steigern, denn so konnten man Spike-and-Wave-Entladungen, die bereits begonnen hatten, stoppen. Für die optogenetische Stimulation bauten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Proteine aus Algen in die Kleinhirnzellen ein, die durch Licht angeschaltet werden können, sodass auf diese Weise die Aktivität der Nervenzellen erhöht werden konnten. Insgesamt bestätigte die Studie, dass eine gezielte Stimulation der Kleinhirnkerne ein Therapieansatz für Menschen mit Absence-Epilepsie sein könnte.
Literatur
Schwitalla, Jan Claudius, Pakusch, Johanna, Mücher, Brix, Brückner, Alexander, Depke, Dominic Alexej, Fenzl, Thomas, De Zeeuw, Chris I., Kros, Lieke, Hoebeek, Freek E. & Mark, Melanie D. (2022). Controlling absence seizures from the cerebellar nuclei via activation of the Gq signaling pathway. Cellular and Molecular Life Sciences, 79, doi:10.1007/s00018-022-04221-5.
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