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Geruchslandkarten oder wie das Gehirn Gerüche mit Orten verknüpft

    Gerüche sind ein grundlegender Bestandteil der sensorischen Umwelt, die vor allem von Tieren zur Steuerung von Verhaltensweisen wie Futtersuche und Navigation genutzt werden, wobei man annimmt, dass der primäre olfaktorische (piriforme) Cortex die wichtigste Region für die Codierung der Geruchsidentität darstellt. Es ist bereits bekannt, dass Neuronen im Hippocampus des Gehirns als Ortszellen fungieren, d. h., sie werden an spezifischen Orten in einer Umgebung aktiv, wobei sie damit ganze Bereiche kodieren, sodass eine Art räumlicher Landkarte im Gehirn entsteht. Poo et al. (2021) konnten nun anhand von neuronalen Ensemble-Aufzeichnungen bei sich frei bewegenden Ratten, die eine geruchsabhängige räumliche Auswahlaufgabe durchführten, zeigen, dass Neuronen des posterioren piriformen Cortex – eine Population von Neuronen, die offenbar ähnlich wie die Hippocampus-Ortszellen reagieren – eine robuste räumliche Repräsentation der Umgebung besitzen.

    Piriforme räumliche Repräsentationen weisen Merkmale einer erlernten kognitiven Karte auf, die in der Nähe von Geruchsöffnungen am stärksten ausgeprägt sind, über verschiedene Verhaltenskontexte hinweg stabil und unabhängig vom Geruchsantrieb oder der Verfügbarkeit von Belohnungen sind. Die Genauigkeit der räumlichen Informationen, die von einzelnen piriformen Neuronen übertragen werden, konnte durch die Stärke ihrer funktionellen Kopplung an den Theta-Rhythmus des Hippocampus vorhergesagt werden. Ensembles piriformer Neuronen stellten gleichzeitig die Geruchsidentität und die räumliche Position der Tiere dar und bildeten eine Geruchs-Ort-Karte. Diese Ergebnisse zeigen eine Funktion des piriformen Cortex in der räumlichen Wahrnehmung und deuten darauf hin, dass dieser gut geeignet ist, um Geruchs-Orts-Assoziationen zu bilden und die olfaktorisch bedingte räumliche Navigation zu steuern.

    Dieser Nervenkomplex deckte dabei allerdings vor allem die relevanten Stellen in einem Labyrinth ab, also Orte, an denen die Tiere die Gerüche wahrnahmen und Belohnungen erhielten, wobei einige der Neuronen auf den Geruch reagierten, andere auf den Ort und wieder andere in unterschiedlichem Maße auf beide Arten von Informationen. All diese verschiedenen Neuronen sind vermutlich miteinander verbunden, sodass die Aktivierung von Geruchs-Raum-Assoziationen durch Aktivitäten innerhalb dieses Netzwerks erfolgt.  Zwar verlässt sich der Mensch mehr auf visuelle Orientierungspunkte als auf Gerüche, aber es ist wahrscheinlich, dass die Prinzipien, nach denen Menschen sich über Gerüche an bestimmte Orte erinnern, wo sie schon einmal gewesen sind, sehr ähnlich sind.



    Literatur

    Poo, Cindy, Agarwal, Gautam, Bonacchi, Niccolò, Mainen & Zachary F. (2021). Spatial maps in piriform cortex during olfactory navigation. Nature, doi:10.1038/s41586-021-04242-3.


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