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Witz, Humor, Lachen, Psychologie, Psychotherapie

Drei Dinge helfen, die Mühseligkeiten des Lebens zu tragen:
die Hoffnung, der Schlaf und das Lachen.
Immanuel Kant

Humor ist keine Gabe des Geistes, er ist eine Gabe des Herzens.
Ludwig Börne

*** Hier KLICKEN: Das BUCH dazu! *** Wenn man junge Schimpansen, Orang-Utans, Bonobos, Gorillas immer wieder kräftig kitzelt, dann kichern und grunzen icht nur Schimpansen und Bonobos, die dem Menschen evolutionär nahe stehen, sondern auch Gorillas und Orang-Utans antworteten auf das Kitzeln mit stakkatoartigen Lauten. Der Mensch lacht übrigens, wenn er ausatmet, und dann mit stimmhaften, melodischen Silben, während Menschenaffen hingegen beim Ein- und beim Ausatmen meistens stimmlos kichern. Da alle Affenarten ihre eigene Art des Lachens entwickelt haben, die sich aber von gleichen Urtypen ableiten lässt, geht man davon aus, dass sich das Lachen in der Evolution als ein Grundelement der Kommunikation graduell entwickelt hat. Bei den Altweltaffen (Makaken, Lemuren, Krallenäffchen) gibt es noch keine Lautäußerung, die auf Humor schließen lässt, doch ist bei ihnen ist schon ein Gesichtsmuskel entwickelt, mit dem sie die Mundwinkel nach oben ziehen können. Dieses lautlose Lächeln dient der Beschwichtigung des Gegenübers, d.h., der Lächelnde gibt freiwillig seinen Rang auf und zeigt keine Gebärden der Verteidigung oder Drohung.
Lachen hat beim Menschen auch eine soziale Funktion, wobei gemeinsames Gruppenlachen ebenso möglich ist, aber auch ausgrenzendes Lachen oder Lachen über Dritte. Diese soziale Funktion findet sich auch bei Gorillas, die vor ganz jungen Gorillas Purzelbäume schlagen, wobei die Kleinen dann darüber lachen. Bei Pavianen wurde sogar beobachtet, dass sich kleine Kinder gezielt einen Witz überlegen, um das soziale Gefüge ihrer Gruppe für sich auszunutzen. Menschen scheinen übrigens als einzige Lebewesen das falsche, künstliche bzw. gestellte Lachen erfunden zu haben, denn normalerweise dient das Lachen beim Menschen wie auch bei Primaten der Beschwichtigung und der Festigung der Strukturen einer Gruppe, wobei mit Hilfe des Lachens Konflikte entschärft werden können, was dem Gesamtwohl der Gruppe zugute kommt. Psychologen sehen daher drei Funktionen des Lachens: Es entspannt, es hilft Konflikte zu beseitigen, und es stellt soziale Ränge innerhalb von Gruppen klar.

Psychologen und Neurowissenschaftler, die die Bedeutung von Witz und Lachen untersuchten, fanden, dass Humor eine universelle Sprache hat, deren Bedeutung weit über Unterhaltung und Zeitvertreib hinausgeht. Menschen mit Sinn für Humor sind angesehen und gelten meist als sympathisch, doch es gibt auch eine „dunkle Seite“ des Humors, denn Menschen lachen, um das Verhalten anderer zu manipulieren und zu verführen. Die Lust, andere zu verhöhnen, zu verletzen und auszugrenzen, ist eine der stärksten Triebfedern für Humor, denn es liegt für manche ein plötzlicher Triumph darin, andere zum Gespött zu machen, wobei die Heiterkeit im Unglück anderer zu suchen, schon im Kindesalter angelegt wird. Manche Witze sind auch bösartig und verletzend, manifestieren Vorurteile oder Unrecht, sodass das Lachen im Halse stecken bleib, wobei dennoch viele schmunzeln müssen und sich dafür schämen. Man glaubt, dass die unmittelbare Reaktion auf Lustiges im Gehirn fest verdrahtet ist, wobei unabhängig vom Inhalt oftmals schon die Struktur des Witzes das Lachen auslöst. Erheiternd ist vor allem die unvorhersehbare Pointe, wenn eetwa der gewohnte Lauf der Dinge plötzlich abbricht. Neurowissenschaftler haben beobachtet, dass die Pointe eines Witzes in einer Kaskade von Nervensignalen in jenen Gehirnregionen mündet, die zum Belohnungssystem gehören, wobei die Botenstoffe Euphorie und Erheiterung auslösen und gleichzeitig die Mimik entgleisen lassen, indem die Mundwinkel nach oben zucken. Auch Primaten wie die Schimpansen hecheln auf charakteristische Weise, wenn sie einander kitzeln oder Fangen spielen.
Übrigens: Nach Ansicht von manchen „Experten“ ist Lachen gar kein stimmliches Mittel, vielmehr hat es sich aus dem Spielen entwickelt, dem mehr oder weniger alle Säugetiere frönen. Dass es beim Menschen wie ein Stakkato klingt und nicht etwa wie das Hecheln eines Schimpansen, ist dem aufrechten Gang geschuldet, denn der Brustkorb verfügt bei Zweibeinern über mehr Flexibilität, und das erlaubet es, Atmung, Laufen und Lautäußerung unabhängiger voneinander zu koordinieren.

*** Hier KLICKEN: Das BUCH dazu! *** Michael Titze aus Tuttlingen, ein psychologischer Psychotherapeut und Gründungsvorsitzender von HumorCare Deutschland, versammelt auf seiner Website htttp://www.michael-titze.de wissenschaftliche Fakten zum Lachen, wobei es erst sehr spät in der Psychologie als Gegenstand der Forschung ernst genommen wurde. Besonders empfehlenswert sind Titzes Frequently Asked Questions, in denen er über fünfzig Fragen zum Thema Lachen beantwortet: http://www.michael-titze.de/content/de/allgemein/faq_d.html (14-02-03)

*** Hier KLICKEN: Das BUCH dazu! *** Die Urform des Lachens ist das Kitzeln, denn wenn jemand an der Fußsohle gekitzelt wird, zieht er ihn in einem Schutzreflex weg. Wird dieser Reflex unterdrückt, dann staut sich die Energie im Körper auf und bricht über das Zwerchfell aus. Lachen hat dabei etwas Eruptives, wobei krampfhaftes. Lachen wie ein epileptischer Anfall ist, der Spaß macht. Menschen und Völker unterscheiden sich in der Häufigkeit ihres Lachens, wobei das vor allem kulturelle bedingt ist. Afrikaner lachen viel spontaner als Europäer, denn beim Palaver (Versammlungen) darf traditionell jeder sagen was er will, aber jeder wird auch ausgelacht, ohne dass er es zu persönlich nimmt. Ausgelacht zu werden empfinden Afrikaner nicht als kränkend, denn Lachen gehört für sie zur normalen Kommunikation. In der arabischen Welt gelten auch die Ägypter als ausgesprochen witzig, während es in Europa die Briten sind, denn diese haben traditionell den Mut, alles was sie ernsthaft sagen, auch humorvoll zu sagen, wobei sich gerade am britischen Humor oft die Geister scheiden, denn manche Menschen können mit dieser trockenen Art oft wenig anfangen. Den Deutschen fehlt zum Lachen über sich selbst oft die Leichtigkeit, denn sie pflegen zu sehr die Innerlichkeit und die Hochkultur, was seit der Romantik Tradition hat, sodass das deutsche Lachen immer etwas gedämpft klingt. Sie halten sich beim Lachen auch häufig die Hand vor den Mund.
Einen Unterschied zwischen den Geschlechtern findet man schon in den Witzen der Schulzeit, die Knaben und Mädchen zum Lachen bringen. In Kontaktanzeigen werben Männer oft mit ihrem guten Sinn für Humor und auch Frauen wünschen sich eher einen humorvollen Mann als Partner. Diese Differenz beim Humor kann aber auch eher kulturell als biologisch determiniert sein, denn viele Studien haben gezeigt, dass dominante Individuen dazu neigen, Humor zu instrumentieren, während das Untergebene das in der Regel seltener machen. Dadurch wird das Lachen zu einer Demonstration der Macht, sodass exzessives weibliches Gelächter in einer gemischten Runde ein Hinweis darauf sein könnte, dass Männer immer noch mehr Macht haben als Frauen.


Man hört nicht auf zu lachen, wenn man alt wird,
aber man wird alt, wenn man aufhört zu lachen.
Jean Nohain

Humor in der Psychotherapie

*** Hier KLICKEN: Das BUCH dazu! *** Humor spielt in nahezu jeder Form zwischenmenschlicher Interaktionen eine Rolle, und er hilft, den Umgang mit schwierigen Situationen zu erleichtern, negative Emotionen zu regulieren und neue Wege für bislang ungelöste Probleme zu finden. TherapeutInnen und PatientInnen nutzen Humor oftmals intuitiv, sodass es naheliegend ist, die positiven Effekte von Humor in die psychiatrisch-psychotherapeutische Behandlung zu integrieren. In dem Buch von Falkenberg, McGhee & Wild werden praxiserprobte Interventionen für den Einsatz im stationären, ambulanten und teilstationären Bereich vorgestellt, wobei die Beiträge von der individuellen Humoranamnese bis zum Selbst-, Einzel- und Gruppentraining reichen. Dabei helfen Übungen, den Humor im Alltag zu entdecken und auch in Belastungssituationen den Humor zu bewahren. Das auf fundierten psychologischen wie neurobiologischen Erkenntnissen basierende Manual verdeutlicht PatientInnen und TherapeutInnen, dass Humor erlernbar ist, und zeigt auf, wie es gelingen kann, Humor in seinen unterschiedlichen Facetten in das eigene Repertoire von Bewältigungsstrategien zu integrieren.

Humor in der Wirtschaft

Untersuchungen (Pundt & Herrmann, 2015) zeigen übrigens, dass Mitarbeiter, deren Führungskräfte häufig positiven Humor – also Humor sozialer Art, der wohlwollend und positiv ist – die Beziehung zu ihren Vorgesetzten positiver erleben und sich stärker mit ihnen identifizieren. Mitarbeiter hingegen, deren Führungskräfte aggressiven Humor zeigten, beurteilen die Beziehung zu ihren Vorgesetzten schlechter. Man vermutet, dass positiv humorvolles Auftreten einer Führungskraft als ein Angebot zur Identifikation angesehen wird, während aggressiver Humor eher zu Distanzaufbau führt. Identifikation spielt bekanntlich eine Schlüsselrolle im Aufbau einer respekt- und vertrauensvollen Beziehung zwischen Mitarbeiter und Führungskraft, wobei positiver Humor offensichtlich seine Berechtigung hat.


Humor ist Verstand plus Herz geteilt durch Selbsterkenntnis.
François Truffaut

Sweetening – das Lachen in Sitcoms

*** Hier KLICKEN: Das BUCH dazu! *** Als Sweetening bezeichnet man die vor allem in amerikanischen TV-Komödien eingesetzte Einspielen, authentisch klingender Reaktionen eines realen oder fiktiven Publikums bei der Ausstrahlung von Sendungen und dabei die Tonspur nachzubearbeiten. Manchmal was das Gelächter echt, manchmal wurden Lachkonserven eingesetzt. Vor einem Live-Publikum konnten dessen authentische Reaktionen aufgenommen und dann mit der Sendung als Gesamtpaket ausgestrahlt werden. Solche Laugh Track stammen bei vielen Sitcoms daher von einem echten Studiopublikum, das über spezialisierte Plattformen für die Aufzeichnungen eingeladen wird. Doch meist wird die Lach-Tonspur nachbearbeitet, d. h., Lacher werden versetzt, hinzugefügt, gekürzt, ein- oder ausgeblendet.
Nach Untersuchungen (Baranowski et al., 2017) hat das Lachen aus der Konserve einen die ZuhörerInnen einen größeren Einfluss als oft angenommen wird. Gelächter führte dazu, dass eine Handlung als lustiger bewertet wird, und zwar unabhängig davon, ob es von echtem Publikum oder von einer Tonspur kommt. Sozialer Druck beeinflusst die menschliche Wahrnehmung offenbar massiv, was vor allem für Situationen gilt, die nicht ganz eindeutig definiert sind, sodass Menschen sehr sensibel bezüglich der emotionalen Reaktion anderer sind.
Neben Lachen funktionieren bei Horrorfilmen auch Schreie, das jedoch nur dann, wenn sie ein echter Ausdruck von Angst sind. Das kommt daher, dass Lachen ein Zeichen von Bindung an andere Menschen ist, während Angst ein Zeichen von Warnung, sodass die Angstreaktion spezifischer ausfällt als das Lachen.
Übrigens: Viele Film wirken im Kino fast immer lustiger als zu Hause vor dem Fernseher, da auch hier das Lachen des Publikums ansteckend wirken kann.


Lachen und Gesundheit

Lachforscher gingen der alten Volksweisheit, dass sich Lachen und Humor positiv auf Körper und Seele auswirken, auf den Grund und nennen verschiedene Gründe, warum „Lachen die beste Medizin“ darstellt:

  • Lachen stärkt das Immunsystem, indem es das Immunglobulin im Speichel vermehrt, wobei diese Eiweißkörper die Immunabwehr verbessern. Außerdem steigert das Lachen den Sauerstoffgehalt im Blut und erweitert somit das Lungenvolumen.
  • Lachen erleichtert die Verdauung, da heftiges Lachen den Körper schüttelt und das Zwerchfell hüpft, wodurch die inneren Organe des Verdauungstraktes massiert werden und die Gallenproduktion angeregt wird.
  • Lachen erhöht den Herzschlag und aktiviert den Kreislauf, der Blutdruck steigt und Sauerstoff wird über die Atmung in die Lungen gepumpt. Gleichzeitig wird die Wachsamkeit des Gehirns erhöht, wofür aber nicht nur ein paar Sekunden genügen, sondern man sollte schon eine ganz Weile herzhaft lachen, etwa täglich 15 bis 20 Minuten.
  • Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass Lachen das Schmerzempfinden herabsetzt, denn Lachen setzt Endorphine frei und erhöht die Reizschwelle. Endorphine spielen eine wichtige Rolle in der Schmerzverarbeitung und helfen dem Organismus bei der Bewältigung von physischem und psychischem Stress. Lachen reduziert dabei die Produktion der Stresshormone Adrenalin und Cortisol.
  • Psychologisch betrachtet hat Lachen eine reinigende Wirkung, denn wer lacht, kommt aus seinen eingefahrenen Denkmustern und aus der damit verbundenen neurotischen Einengung heraus, kann Probleme Aus einer anderen Perspektive betrachten. Dadurch wird Selbstreflexion möglich, was ebenfalls heilend wirken kann, indem es die Angst reduziert und gegen Unsicherheiten hilft.
  • Lachen schafft auch Gemeinsamkeit, denn beim Lachen fühlt man sich nicht mehr allein, wobei gemeinsames Lachen Sicherheit gibt und ein Zeichen von Integration in eine Gemeinschaft darstellt.
  • Lachen ist ähnlich wie Gähnen ansteckend, wobei der Körper interessanterweise nicht zwischen echtem und falschem Lachen unterscheidet, d. h., die heilsame Wirkung ist dieselbe, wobei das falsche Lachen meist nach kurzer Zeit zu einem echten wird, wie sich in Lachseminaren und in Formen des Lachyoga zeigt.

Fakten zum Lachen

Mit etwa 100 km/h kommt der Atem beim Lachen aus dem Mund.
Ein Lacher mit sieben schnellen „Hahas“ dauert zwei Sekunden.
Männer lachen mit 280 Schwingungen pro Sekunde, Frauen mit 500.
Beim Lachen sind im Gesicht 17 und am ganzen Körper 80 Muskeln beteiligt.

Literatur

Baranowski, Andreas M., Teichmann, Rebecca & Hecht, Heiko (2017). Canned Emotions. Effects of Genre and Audience Reaction on Emotions. Art & Perception, 5, 312-336.
Pundt, A. & Herrmann, F. (2015). Affiliative and aggressive humour in leadership and their relationship to leader-member exchange. Journal of Occupational and Organizational Psychology, 88, 108-125.
http://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,608442,00.html (09-02-21)
http://nachrichten.t-online.de/psychologie-lachen-ist-wie-ein-epileptischer-anfall-/id_42296646/index (10-07-25)
OÖN vom 26. Februar 2014

 




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2 Gedanken zu „Witz, Humor, Lachen, Psychologie, Psychotherapie“

  1. Lachyoga wurde vom indischen Arzt Madan Kataria entwickelt, wobei er diese Behandlungsmethode 1995 erstmals in einem Park in Mumbai erprobte. Heute wird Lachyoga auf der ganzen Welt in 6000 Lachclubs in 60 Ländern praktiziert.

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