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Täter und Opfer bei Gewalt an Schulen

    Ilka-Maria Bayer, Claudia Schmidt-Rathjens
    Persönlichkeitsmerkmale und Reaktionsstrategien von Tätern und Opfern

    In den letzten Jahrzehnten wurde Gewalt an Schulen zu einem äußerst präsenten Thema. Dabei ist anzumerken, dass Gewalt viele Gesichter hat: Man unterscheidet psychische bzw. verbale Gewalttaten, welche am häufigsten vorkommen und, weit weniger verbreitet, physische Gewaltformen. Wie anzunehmen ist, findet die letztere Gewaltform vermehrt bei männlichen Jugendlichen Anwendung, währenddessen die verbale/psychische Methode keine geschlechtliche Differenzierung aufweist (vgl. Bayer, Schmidt-Rathjens 2004, S. 169f).

    Ein Kernpunkt dieses Artikels ist die Klassifizierung von Persönlichkeitsmerkmalen und die favorisierte Reaktionsstrategie für Gewaltsituationen. Das sogenannte Opfer und der Täter weisen signifikante Unterschiede bezüglich Aktivität, emotionaler Erregbarkeit, Impulskontrolle und Selbstsicherheit auf. Auch im Hinblick auf die Handlungsalternativen treten folgende Abweichungen auf: Das Opfer bevorzugt meist ablehnende, hilfesuchende Strategien während der Täter mittels angriffslustigen und physischen Strategien seinen Standpunkt vertritt (vgl. Bayer et al. 2004, S. 170).
    Methodik
    Mittels Fragebogen wurden die verschiedenen Strategien für Gewaltsituationen von 796 deutschen SchülerInnen erfasst. Diese wurden laut Bayer und Schmidt-Rathjens folgendermaßen eingeteilt:
    1.    Verbale nicht-aggressive Strategie
    2.    Verbale aggressive Strategie
    3.    Spezifisch beleidigende Strategie
    4.    Hilflose Strategie
    5.    Vermeidende Strategie
    6.    Körperlich-aggressive Strategie
    7.    Lehrer-unterstätzende Strategie
    8.    Sozial-unterstützende Strategie (S. 171).
    Ergebnisse
    Verteilung der Schülerkategorien
    Anhand deren Angaben wurden sie in folgenden Kategorien erfasst:
    75,9 %    Unauffällige
    9,5 %    Opfer
    8,4 %    Täter
    6,2 %    Opfer-Täter (S. 172).
    Die vier Gruppen lassen sich jedoch auch nach demographischen Merkmalen gliedern:
    –    Es sind doppelt soviel Jungen in Gewalt involviert als Mädchen.
    –    Das Durchschnittsalter der Opfer ist 13. Mit steigendem Alter nimmt auch die Opferanzahl ab. Im Gegensatz zu den Tätern: Die nehmen mit steigendem Alter kontinuierlich zu.
    –    Die meisten „Unauffälligen“ besuchen ein Gymnasium.
    –    Die Täter, Opfer und Opfer-Täter sind vermehrt in Hauptschulen zu finden (S. 172).
    Ausmaß der Gewalt
    98,5 % der befragten SchülerInnen hatten bereits mit verbal-psychischen Gewaltaktionen zu tun, davon 14,8 % beinahe täglich. Von körperlichen Gewalthandlungen waren bereits 79,2 % betroffen und mit extremen Gewaltformen wurden schon 26,9 % konfrontiert.
    Passend zu den oben angeführten Zahlen sind auch 98,2 % der SchülerInnen bereits im Bereich der psychischen Gewaltausübung tätig gewesen (vgl. Bayer et al. 2004, S. 172).
    Wahl der Reaktionsstrategie
    Werden SchülerInnen mit Gewalt konfrontiert, dann reagieren 50,2 % mit verbalen, 49,5 % mit beleidigenden und 40 % mit aggressionsvermeidenden Strategien. 26,8 % verteidigen sich mittels körperlich-aggressiven Verhalten, 21,4 % suchen bei Freunden, 14,5 % bei Lehrern Unterstützung und die wenigsten (8,1 %) wählen die hilflose Strategie (vgl. Bayer et al. 2004, S. 173).
    Persönlichkeitsmerkmale von gewaltinvolvierten SchülerInnen
    In Bezug auf Persönlichkeitsmerkmale wie Unterlegenheit, Scheu und Angst weisen die Opfer einen erhöhten Mittelwert auf. Im Vergleich zu den Tätern, die bei Eigenschaften wie Ich-Durchsetzung, Maskulinität und fehlende Willenskontrolle die Nase vorne haben (vgl. Bayer et al. 2004, S. 174f).
    Diskussion
    Da die meiste Aggressivität in dem Alter, in dem die Pubertät einsetzt, vorkommt, erscheinen Faktoren wie jugendliche Abenteuerlust und Selbstfindung bzw. Persönlichkeitsentwicklungen für plausible Ursachen. Nur direkt betroffene Personen können die Lage sachgerecht beurteilen. Besonders im Vergleich zu Dritten, wie z.B. Lehrern, welche in die Gewaltsituation nicht aktiv verwickelt sind (vgl. Bayer et al. 2004, S. 175f).

    Bayer, I.-M. & Schmidt-Rathjens, C. (2004). Persönlichkeitsmerkmale und Reaktionsstrategien von Tätern und Opfern. Psychologie in Erziehung und Unterricht, Zeitschrift für Forschung und Praxis, 51, 169-177.




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