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Baby Brain – gibt es das wirklich?

    Schwangere berichten manchmal davon, an einem „Baby Brain“, „Mommy Brain“ oder „Pregnancy Brain“ zu leiden, d. h., sie sie geben an, deutlich vergesslicher und zerstreuter als vor der Schwangerschaft zu sein. Als Ursache dieses Phänomens vermutet man eine hormonell gesteuerte Entwicklung des Gehirns während der Schwangerschaft, denn Studien haben gezeigt, dass das Gehirn einer werdenden Mutter während der Schwangerschaft vorübergehend schrumpft und nach der Geburt erst wieder seine normale Größe erreicht. Allerdings zeigen andere Untersuchungen, dass die werdenden Mütter weder im Erinnerungsvermögen noch in Aufmerksamkeitsspanne, organisatorischen Fähigkeiten oder räumlichem Vorstellungsvermögen schlechter abschneiden als die nicht schwangeren Probanden und Probandinnen.

    Vielleicht hilft ja in diesem Fall auch „3 hours long Mozart playlist for baby brain. Also good for a pregnant woman.“ 😉

    Neuere Untersuchungen (Hoekzema, et al., 2016) zeigen allerdings, dass im Gehirn von Frauen schon während der Schwangerschaft manche Teile offenbar zu dem Zweck abgebaut werden, damit sich der Rest auf die kommenden Aufgaben besser vorbereiten kann, insbesondere die Regionen des präfrontalen Cortex und des Temporallappens, die beide zum Gedächtnis und zu Emotionen beitragen. Beide Areale werden in dieser Zeit möglicherweise in sich und mit anderen Arealen so neu verschaltet, um sich besser in einen anderen hineinzuversetzen zu können. Die graue Masse bildete sich in genau jenen Regionen zurück, die besonders aktiv wurden, wenn die Mütter Ultraschallfotos ihrer Kinder im Mutterleib betrachteten. Diese neuen Strukturen bleiben mindestens zwei Jahre lang erhalten, wobei es sich offenbar um eine Anpassung zum besseren Registrieren der Bedürfnisse eines Kindes geht. Der Prozess ähnelt teilweise den synaptischen Veränderungen bei Teenagern, bei denen das Gehirn schwächere Synapsen kappt, um Platz für effizientere neuronale Netzwerke zu schaffen.

    Studien an Mäusen haben gezeigt, dass sowohl durch Kaiserschnitt geborene Tiere als auch jungfräuliche Mäuse, die Schwangerschaftshormonen ausgesetzt waren, elterliche Verhaltensweisen wie Nestbau und Interaktion mit den Jungen entwickelten. Jungfräuliche Mäuse, die keinen Hormonen ausgesetzt waren, interagierten nicht mit den Jungen und bauten auch keine Nester. In einer aktuellen Studie haben die Forscher herausgefunden, dass Mäuse bereits in der Spätschwangerschaft elterliches Verhalten zeigen, ohne dass dafür Kontakt zu den Jungen nötig ist: Die Schwangerschaftshormone Östrogen und Progesteron beeinflussen ein Netzwerk von Nervenzellen im Hypothalamus. Werden die Neuronen jedoch während der Schwangerschaft unempfindlich gegenüber den Hormonen gemacht, fehlt das elterliche Verhalten bei den Tieren, d.h. die Mäuse interagieren auch nach der Geburt nicht mit den Jungen. Dies deutet darauf hin, dass es eine kritische Phase während der Schwangerschaft geben könnte, in der die Hormone das Verhalten auslösen. Da ähnliche Prozesse auch im menschlichen Gehirn ablaufen, geht man davon aus, dass sich das Baby-Brain auch beim Menschen früher entwickelt als bisher angenommen.



    Literatur

    Elseline Hoekzema, Erika Barba-Müller, Cristina Pozzobon, Marisol Picado, Florencio Lucco, David García-García, Juan Carlos Soliva, Adolf Tobeña, Manuel Desco, Eveline A Crone, Agustín Ballesteros, Susanna Carmona & Oscar Vilarroya (2016). Pregnancy leads to long-lasting changes in human brain structure. Nature Neuroscience, doi:10.1038/nn.4458.
    http://www.mayoclinic.org/healthy-lifestyle/pregnancy-week-by-week/expert-answers/baby-brain/faq-20057896
    http://www.webmd.com/baby/features/memory_lapse_it_may_be_pregnancy_brain
    https://lexikon.stangl.eu/16023/schwangerschaftsdemenz-stilldemenz/ (16-12-13)


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