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Legasthenie

Bei Legasthenie handelt es sich also um eine Lese- und Schreibschwäche, sie ist eine so genannte Lernschwäche beim Erlernen von Lesen und Schreiben, wobei ansonsten eine relative hohe Intelligenz bei den Betroffenen vorliegt.

Eine Lese-Rechtschreibstörung liegt nach internationalen Kriterien dann vor, wenn die Leistungen im Lesen und/oder Rechtschreiben deutlich unter der Klassennorm und unter dem Niveau, das aufgrund der Intelligenz des Schülers zu erwarten wäre, liegen. Bei einer Untersuchung werden Leseflüssigkeit, Lesegenauigkeit, Leseverständnis und Rechtschreibung sowie die Aufmerksamkeitsleistungen des Kindes, seine psychische Befindlichkeit, seine Begabung, sprachliche Fertigkeiten, die Schreibmotorik sowie das Hören und Sehen überprüft. Eine sichere Diagnose ist in der Regel ab der 2. Klasse möglich, doch Risikofaktoren treten bereits ab dem letzten Kindergartenjahr auf: Kinder haben weniger Lust an Reimen, das Teilen von Wörtern in einzelne Silben fällt ihnen schwer, ebenso haben sie Mühe beim Heraushören von einzelnen Lauten in Wörtern. In der Schule fällt es den Betroffenen schwer, auch nur wenige Buchstaben zusammenzuführen, und beim Lesen treten trotz Übung häufig Fehler beim Lesen selbst einfacher aber für das Kind neuer Wörter auf, wobei Kinder mit Sprachentwicklungsproblemen generell ein erhöhtes Risiko für Schwierigkeiten im Schriftspracherwerb aufweisen.

Legasthenie wird häufig mit einer gestörten Verarbeitung von gesprochener Sprache, also mit Veränderungen der Großhirnrinde in Verbindung gebracht, doch neuere Erkenntnisse deuten eher auch auf Funktionsstörungen des sensorischen Thalamus hin, denn Legastheniker zeigen während der Sprachverarbeitung im Gegensatz zu neurotypischen Lesern reduzierte Antworten im linken auditorischen Thalamus. Menschen mit einer Lese-Rechtschreibschwäche wiesen demnach weniger Verbindungen zwischen dem auditorischen Thalamus und dem Planum Temporale auf, einem Areal in der Gehirnrinde, das für das Hören von Sprachlauten zuständig ist.

In einer Studie von Tschentscher et al. (2019) wurden bei Menschen mit Legasthenie und einer Kontrollgruppe Verhaltenstests durchgeführt und kernspintomographische Aufnahmen des Gehirns gemacht, wobei mit speziellen Analyseverfahren aus den kernspintomografischen Aufnahmen die Faserverbindungen zwischen dem auditorischen Thalamus und dem Planum Temporale rekonstruiert wurden. Bei den Menschen mit Legasthenie waren weniger Faserverbindungen zwischen auditorischem Thalamus und Planum temporale in der linken Gehirnhälfte vorhanden als bei der Kontrollgruppe. Im Vergleich dazu, war die Verbindung zwischen auditorischem Thalamus und Planum Temporale besonders stark bei den Menschen der Kontrollgruppe, die sehr schnell und gut im Lesetest waren. Das deutet darauf hin, dass die neuronalen Funktionen schon vor der Großhirnrinde weniger stark entwickelt sind, was für die zukünftige Forschung bedeutet, sich auf bisher weniger beachtete Gehirn Areale zu fokussieren.


1. Definition:
lat. legere= lesen, syn.Dyslexie
(vgl. Kurt v. Sury 1967, S.136)

2. Definition:
Lese- und Rechtschreibschwäche
(vgl. Rombach 1960, S.43)

3. Definition:
„Leseschwäche“; mangelnde Lesefähigkeit, insbesondere mangelndes Verstehen des Gelesenen, kommt bei sonst normal begabten Kindern als umschriebener Ausfall vor.
(vgl. Hehlmann 1959, S.305)

4. Definition:
=> Schreibleseschwäche. Oberbegriff für alle schweren Störungen der Lese- und Rechtschreibfähigkeiten bei ansonsten normaler geistiger Entwicklung.
(vgl. Tewes/Wildgrube 1992,S. 204)

5. Definition:
Unter der Legasthenie (altgr.: λέγειν legein „sprechen“ (hier „lesen“, „schreiben“, „auslegen“) und ἀσθένεια astheneia „Schwäche“; unfähig-sein-auszulegen, Lese-Rechtschreibstörung; Lese-Rechtschreib-Schwäche; Lese-Rechtschreib-Schwierigkeit; LRS) versteht man eine massive und lang andauernde Störung des Erwerbs der Schriftsprache. Die betroffenen Personen (Legastheniker) haben Probleme mit der Umsetzung der gesprochenen zur geschriebenen Sprache und umgekehrt. Als Ursache werden eine genetische Disposition, Probleme der auditiven und visuellen Wahrnehmungsverarbeitung, der Verarbeitung der Sprache und vor allem der Phonologie angenommen.
(vgl. Wikipedia)


Literatur

Kurt v. Sury (1967). Wörterbuch der Psychologie und ihrer Grenzgebiete. Basel/Stuttgart: Verlag Schabe und Co.
Rombach, H. (1960). Lexikon der Pädagogik. Freiburg/Basel/Wien: Verlag Herder.
Hehlmann, W. (1959). Wörterbuch der Psychologie. Stuttgart: Verlag Alfred Körner.
Tewes & Wildgrube (1992). Psychologielexikon. München: Verlag R.Oldenburg.
Tschentscher, Nadja,- Ruisinger, Anja, Blank, Helen, Díaz, Begoña & von Kriegstein, Katharina (2019). Reduced Structural Connectivity Between Left Auditory Thalamus and the Motion-Sensitive Planum Temporale in Developmental Dyslexia. The Journal of Neuroscience, 39, 1720-1732.


Was man über Legasthenie wissen sollte

Man hat festgestellt, dass Lesen die phonologische Bewusstheit deutlich verbessert, also die Fähigkeit, bestimmte Lautstrukturen der Sprache zu erkennen, wobei es Menschen mit einer Lese-Rechtschreibschwäche oft schwer fällt, solche Strukturen zu unterscheiden. Kennzeichnend für eine Lese-Rechtschreibschwäche aber auch für Analphabetismus ist auch, dass die Wahrnehmung von Kategorien, das verbale Kurzzeitgedächtnis, die Fähigkeit, Pseudowörter zu wiederholen, Bilder, Farben und Symbole schnell zu benennen, oder vorherzusagen, wie ein gesprochener Satz weitergehen könnte, bei den Betroffenen eingeschränkt ist. Diese Defizite sind daher eher eine Folge mangelnder oder suboptimaler Leseerfahrung und eher nicht deren wahre Ursache. Der Vergleich zwischen Analphabeten und erwachsenen Lesern zeigt immer wieder, wie sehr Lesenlernen das Gehirn verändert, denn Menschen, die nicht oder kaum lesen können, haben nicht nur größere Schwierigkeiten, Buchstabenfolgen zu analysieren, sondern etwa auch Bildstrecken aufzugliedern. Auch fällt es Analphabeten schwerer, zu unterscheiden, wie ein Objekt ausgerichtet ist, etwa ein Hammer, der diagonal liegend abgebildet ist und dessen Kopf und Stiel in verschiedene Richtungen weisen können.

Was sind typische Fehler für einen Legastheniker?

Immer wieder taucht in der Fachliteratur das Märchen von den typischen Fehlern auf. Dabei gibt es sie gar nicht. Kinder mit großen Schwierigkeiten beim Lesenlernen oder der Rechtschreibung machen so ziemlich alle Fehler, die man sich vorstellen kann. Sie sind meist nicht in der Lage, Wortbilder korrekt abzuspeichern, Rechtschreibstrategien zu entwickeln und/oder gehörte Laute richtig abzubilden. Anstatt sich zu merken, dass der Tiger nur mit einem i geschrieben wird, findet man bei ihnen immer wieder andere Schreibweisen (z.B. Tieger, Tihger, Tiger, Tige, Tiker). Sie raten jedes Mal aufs Neue, und manchmal liegen sie damit natürlich auch richtig. Aber auch bei Wörtern, die beispielsweise über eine Wortfamilie leicht zu erschließen wären, scheitern Legastheniker. Die Erkenntnis, dass Fahrrad von fahren und Rad hergeleitet werden kann, braucht bei ihnen wesentlich länger als bei anderen, weil auch dieser Wortschatz nicht gesichert ist. Da die Zeit solches Wissen aufzuholen in der Schule meistens nicht zur Verfügung steht, erweitert sich der Abstand zu den Klassenkameraden von Tag zu Tag mehr.

Wann kann man eine Legasthenie frühstmöglich erkennen?

Schon ab der ersten Klasse gibt es wissenschaftlich überprüfte Testverfahren, mit denen die Rechtschreibentwicklung von Schulkindern überprüft werden kann. Zumindest einen ersten Hinweis ergeben diese Verfahren auf jeden Fall, auch wenn sie im Laufe des nächsten Schuljahres unbedingt gegengeprüft werden sollten.
Aber auch für Vorschulkinder gibt es schon ein Screening (BISC / Bielefelder Screening), das zwar noch keine Legasthenie feststellt, aber die mögliche Gefährdung von Kindern aufzeigt. Zeigen sich hier erste Auffälligkeiten, so kann die Problematik schon durch frühe Förderung im Kindergarten, in der Vorschule oder in der ersten Klasse weitgehend entschärft werden. Spezielle Fördermaterialien oder Spiele schärfen hier die Wahrnehmung der Vorschulkinder durch spielerisches Üben beispielsweise mit Reimen und Liedern.

Was sind die Ursachen für eine Legasthenie?
Diese Frage ist leichter gestellt als beantwortet. Seit dem Ende des 19. Jahrhunderts ist diese Störung beim Schriftspracherwerb bekannt, doch eine einheitliche Ursache ist seitdem nicht gefunden worden. Immer noch geht man von unterschiedlichen Faktoren aus, die Ursache für eine Legasthenie sein können. Es gibt familiäre Häufungen, aber das Legasthenie generell ist erblich ist, ist dadurch nicht gesichert. Auch bestimmte Grundfunktionen, wie die auditive oder die visuelle Wahrnehmung, werden immer wieder als Ursache genannt. Auch im motorischen Bereich, in der Zeitverarbeitung sowie in dem Zusammenwirken der rechten und linken Gehirnhälfte wurden Defizite entdeckt und mit der Legasthenie in Zusammenhang gebracht. Nach dem gegenwärtigen Wissensstand ist festzustellen, dass die Schwierigkeiten beim Erlernen des Lesens und Schreibens auf Besonderheiten bei der Informationsverarbeitung zurückzuführen sind, genaue Zusammenhänge sind bislang jedoch nicht bekannt.

Haben Kinder mit Legasthenie nur im Deutschunterricht Probleme?
Anfangs beschränken sich die Probleme, die sowohl im Lesen als auch in der Rechtschreibung auftreten können, auf den Deutschunterricht. Je weiter ein Kind jedoch in der Schule voranschreitet, desto stärker werden diese so genannten Kulturtechniken auch in allen anderen Fächern benötigt und bewertet. Textaufgaben müssen gelesen und verstanden werden, im Sachunterricht gilt es, durch das Lesen Zusammenhänge zu verstehen oder kleine Texte fehlerfrei zu verfassen. In der weiterführenden Schule werden das schnelle Erfassen von Texten und eine korrekte Rechtschreibung dann immer wichtiger. Zunehmend fließen die Rechtschreibnote und das Leseverständnis in die Gesamtbewertung ein, besonders im Gymnasium.

Quellen

Newsletter von ww.elternwissen.com (09-02-20)
https://hpd.de/artikel/lesen-formt-gehirn-15494 (18-04-20)




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2 Gedanken zu „Legasthenie“

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  2. Als Mensch, der als Kind in diese Schublade einsortiert wurde, finde ich dies immer etwas absurd. Wieso müssen heute Kinder erst ein Label kriegen um beim Lernen unterstützt zu werden. Ich finde die gezielte Unterstützung von Kindern in Bereichen, in denen sie Lernschwierigkeiten haben, ja richtig. Die Klassifizierung, möglichst gar noch mit fragwürdigen medizinisch konstruierten Syndromen, birgt aber Gefahren, die den Nutzen vollständig konterkarieren können. Ich nenne hier Medikalisierung (z.B. beim sogenannten Defizit Aufmerksamkeits Syndrom), Ausgrenzung bis hin zu zukünftigen evtl. neuen Formen von Rassismus – ‚Individual’rassismus (siehe dazu: http://www.ak-anna.org/naturwissenschaftskritik_alternativen/genetik_rassismus.html).

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