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Gehirnforschung auf Basis künstliche Intelligenz

    Die Erforschung des menschlichen Gehirns mithilfe künstlicher Intelligenz stellt einen vielversprechenden Ansatz in der Neurowissenschaft dar. Seit Jahrzehnten maßen Neurowissenschaftler im Labor die Aktivität von Neuronen in lebenden Tieren, um die zugrundeliegenden Mechanismen zu ergründen, durch welche das Gehirn spezifisches Verhalten ermöglicht. Bisher war es lediglich möglich, die Konnektivität jedes Neurons in einem neuronalen Schaltkreis zu messen, wobei andere biologische Details, einschließlich der dynamischen Eigenschaften jedes Neurons, unberücksichtigt blieben. Es besteht weiterhin Unklarheit darüber, inwiefern Messungen der Konnektivität allein zum Verständnis neuronaler Berechnungen beitragen können. Lappalainen et al. (2024) konnten nachweisen, dass die neuronale Aktivität, die einer bestimmten Berechnung zugrunde liegt, durch experimentelle Messungen der Konnektivität eines biologischen neuronalen Netzwerks vorhergesagt werden kann. Auf Basis von Informationen über die Verbindungen ihrer neuronalen Verschaltung aus dem Konnektom der Fruchtfliege sowie einer Vermutung darüber, welche Funktion der Schaltkreis erfüllen soll, wurde eine KI-Simulation erstellt, um vorauszusagen, welches Neuron für welche Aktivität im Schaltkreis steht.

    Dafür wurde neuronales Modellnetzwerk konstruiert, welches die experimentell ermittelte Konnektivität für 64 Zelltypen in den Bewegungsbahnen des Sehnervenkopfes der Fruchtfliege aufweist. Die Eigenschaften der Einzelneuronen und Einzelsynapsen sind jedoch bislang unbekannt. In der Folge wurden die Werte der unbekannten Parameter mithilfe von Techniken des Deep Learning optimiert, um eine Erfassung visueller Bewegungen durch das Modellnetzwerk zu ermöglichen. Das mechanistische Modell erlaubt detaillierte, experimentell überprüfbare Vorhersagen für jedes Neuron im Konnektom. In der Studie konnte nachgewiesen werden, dass die Modellvorhersagen mit experimentellen Messungen der neuronalen Aktivität in 26 Studien übereinstimmen. Die vorliegende Arbeit demonstriert eine Strategie, mit der aus Konnektivitätsmessungen detaillierte Hypothesen über die Mechanismen der Funktion neuronaler Schaltkreise abgeleitet werden können.



    Literatur

    Lappalainen, Janne K., Tschopp, Fabian D., Prakhya, Sridhama, McGill, Mason, Nern, Aljoscha, Shinomiya, Kazunori, Takemura, Shin-ya, Gruntman, Eyal, Macke, Jakob H. & Turaga, Srinivas C. (2024). Connectome-constrained networks predict neural activity across the fly visual system. Nature, doi:10.1038/s41586-024-07939-3.


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