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Studie zu Gefühlen, Mitgefühl und Befinden

    Mitgefühl ist nie verschwendet, es sei denn, man hat Mitleid mit sich selbst.
    Henri Dunant

    Am Institut für Angewandte Psychologie der Universität Wien wurde  2012 von Judith Reiss und Dorothea König eine Studie zum Thema „Gefühle, Mitgefühl und Befinden“ durchgeführt. In dieser Studie wurde untersucht, wie Menschen mit schwierigen Situationen und Gefühlen umgehen und wie es ihnen dabei geht, wenn sie andere Menschen beobachten, die solche Situationen erleben. Die Studie zu Gefühlen, Mitgefühl und Befinden wurde im Rahmen einer Diplomarbeit durchgeführt.

    Ergebnisse der Studie

    Ziel der Studie war es, das Konstrukt der Self-Compassion im Kontext psychischer Belastung zu untersuchen, also jene Einstellung, die Menschen sich selbst gegenüber haben – ob sie sich selbst für ihre Fehler und Schwächen verurteilen und übermäßig kritisieren oder, im Gegenteil, sich selbst und ihre Unzulänglichkeiten akzeptieren – zu untersuchen. Self-Compassion umfasst dabei nicht nur selbstbezogene Freundlichkeit, sondern auch den achtsamen Umgang mit negativen Gedanken und Gefühlen, und die Wahrnehmung, dass negative Erfahrungen ein wesentlicher Bestandteil des Lebens sind und andere Menschen Ähnliches erleben. In der Studie wurden neben Self-Compassion auch deren Beziehungen zu den Konstrukten der Emotionsregulation und der Empathie in einer Online-Befragung untersucht. Insgesamt nahmen 373 Probanden und Probandinnen (davon ca. 80% weiblich) mit einem Durchschnittsalter von ca. 36 Jahren an der Untersuchung teil. Diese Ergebnisse zeigten die soziale Bedingtheit von psychischem Befinden und werfen damit ein anderes Licht auf Menschen, die unter psychischen Problemen leiden, d. h., die Ergebnisse widersprachen jenen Erklärungsansätzen, die eine starke Selbstbezogenheit von depressiven Personen hervorheben. Interpersonelle Aspekte wie Mitgefühl, Verantwortungs- und Schuldgefühle gegenüber anderen scheinen jedoch von großer Bedeutung für das psychische Befinden zu sein. Self-Compassion ist somit vermutlich ein wichtiger Schutzfaktor gegenüber psychischer Belastung, sodass es sinnvoll erscheint, die Förderung von Self-Compassion in die psychologische und psychotherapeutische Behandlung von Menschen zu integrieren.

    Details zur Studie finden sich hier: http://dk.akis.at/scsurvey/

    Psychologinnen Maja Graso und Tania Reynolds haben in einer Studie festgestellt, dass es eine unterschiedliche Wahrnehmung und Behandlung von Leid und Schmerz bei Männern und Frauen in der Gesellschaft gibt, wobei Frauen im Allgemeinen mehr Mitgefühl und Anteilnahme erfahren als Männer, wenn sie Schmerz oder Leid erleben. Das bedeutet allerdings nicht, dass ein Geschlecht mehr leidet als das andere. Stattdessen möchten die Forscherinnen mit ihrer Arbeit zu einem faireren Diskurs über Geschlecht und Benachteiligung beitragen. Sie haben verschiedene experimentelle Studien ausgewertet, die zeigen, dass Frauen in vielen Situationen mehr Mitleid und Verständnis erfahren als Männer. Dies betrifft nicht nur physischen Schmerz, sondern auch emotionale Kränkungen, rechtliche Urteile und die Wahrnehmung von Diskriminierung in verschiedenen Berufsfeldern.

    Man vermutet mehrere mögliche Ursachen für diese Unterschiede, wobei ein evolutionärer Ansatz argumentiert, dass Gemeinschaften, die Frauen besonders schützten, einen Überlebensvorteil hatten, da Frauen für die Fortpflanzung und Aufzucht von Kindern wichtiger waren. Zudem werden Frauen oft als verletzlicher wahrgenommen, während Männer eher mit Stärke und potenzieller Gefahr assoziiert werden. Stereotype, die Männer eher als Täter und Frauen als Opfer darstellen, könnten ebenfalls zu dieser unterschiedlichen Wahrnehmung beitragen. Nicht unterschätzen sollte man auch den Einfluss des Feminismus, der die Sensibilität für weibliches Leid erhöht und die Definition dessen, was als Schaden gilt, erweitert hat.

    Literatur

    Reiss, J. (2013). Self-Compassion, Emotionsregulation und Empathie in Zusammenhang mit psychischer Belastung. Unveröffentlichte Diplomarbeit, Universität Wien.




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