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Bewältigung von Prüfungsangst

    Die Erziehung durch ängstliche oder sehr anspruchsvolle Eltern, vermuteter oder erlebter Leistungsdruck, soziale und finanzielle Faktoren sowie negative Erfahrungen aus früheren Prüfungen beinflussen die allgemeine Einstellung eines Menschen zu Prüfungen. Nur wem klar ist, warum er Prüfungsangst verspürt, der kann auch dagegen etwas unternehmen. Zum Umgang mit der Angst vor Prüfungen gehört daher vor allem die Akzeptanz dieser Angst und die Anerkennung dieser Stresssituation. Eine Prüfung sollte als Herausforderung gedeutet werden.

    Prüfungsängste bei Kindern haben vielfältigen Ursachen, denn häufig werden Misserfolge auf persönliche Defizite bezogen, oder aber man geht von vornherein davon aus, dass man scheitern wird, was dann tatsächlich auch dazu führt, das diese Prognose eintritt. Oft sind auch ungünstige Lerntechniken ein Auslöser für die Prüfungsangst, vor allem die Aufschieberitis, die ein Lernen ohne Pause bis kurz vor der Prüfung notwendig macht, oder auch ein bestimmtes Verhalten der LehrerInnen können Gründe für die Entstehung von Stresssymptomen und somit Prüfungsangst sein. Nicht zuletzt lösen schulische Über- und Unterforderung Angst aus, genauso wie ein überhöhte Leistungsanspruch an sich selber oder von Seiten der Eltern. Wesentlich ist, dass man Angstgefühle nicht mehr grundsätzlich negativ bewertet, denn diese sind bis zu einem gewissen Grad normal. So kann es schon mit der Wissensvermittlung zum Thema Prüfungsangst gelingen, eine neue Sicht auf die eigenen Emotionen zu bekommen. Man muss sich etwa bewusst machen, dass Angst durchaus evolutionär notwendig ist, denn sie versorgt den Körper mit Energie und macht ihn leistungsbereiter. Wer das versteht, kann auch lernen, seine Körperreaktionen zu erkennen und damit die jeweilige Situation weniger dramatisch einzuschätzen. Letztlich ist das, was man über eine Situation denkt und wie man sie bewertet, verantwortlich für das Gefühl, das man dann damit verbindet.

    Die Vertrauens- Trias als personale Ressource für die Bewältigung von Prüfungsangst

    Unter Prüfungsängstlichkeit versteht man die zeitlich relativ stabile Einstellung eines Menschen, Prüfungssituationen als bedrohlich zu empfinden. Menschen die unter Prüfungsangst leiden reagieren mit einem Anstieg der Zustandsangst begleitend von einer starken Aktivierung des autonomen Nervensystems (Spielberger, 1972, zit. nach Hank, Pohl & Krampen, 2009, S. 19).
    Die Betroffenen fühlen sich unsicher, zweifeln an ihren Fähigkeiten und sorgen sich um die Konsequenzen ihres(als wahrscheinlich angenommenen) Versagens. Sie klagen über Bauchschmerzen, Schlaflosigkeit und Übelkeit in Erwartung dieser als belastend interpretierten Situationen.
    Laut Liebert und Morris (1967) kann man die Zustandsreaktionen in die Komponenten Besorgtheit und Aufgeregtheit unterteilen. Aufgabenirrelevante Kognitionen, wie Zweifel an der eigenen Leistungsfähigkeit, den antizipierten Konsequenzen des Misserfolgs, dem Vergleich der eigenen Leistung mit derjenigen von anderen machen die kognitive Komponente Besorgtheit aus. Zwischen Besorgtheit und Leistungserbringung konnten negative Abhängigkeiten nachgewiesen werden(vgl. Zeidner, 1998, zit. nach Hank, Pohl & Krampen, 2009, S. 20). Aufgeregtheit umfasst die physiologischen Symptome, welche durch das erhöhte Erregungsniveau ausgelöst werden. Dazu gehören Anspannung, Schwitzen und Zittern an Körper und Händen, beschleunigter Herzschlag, Magenbeschwerden, Gefühle der Unsicherheit und eben Angst. Prüfungsängstliche Personen versuchen auch öfters, sich der Prüfungssituation zu entziehen. Dies kann auf direkte oder indirekte Weise erfolgen. Unentschuldigtes bzw. entschuldigtes Fernbleiben von der Prüfung sowie der Einsatz von unerlaubten Hilfsmitteln sind Möglichkeiten, um die Prüfungsangst zu bewältigen (vgl. Hank, Pohl & Krampen 2009, S 19f).
    Laut kognitionspsychologischen Theorien entsteht Prüfungsangst dadurch, dass eine Person eine bestimmte Situation als bedrohlich bewertet bzw. in Verbindung mit dieser Situation ein persönliches Versagen erwartet. Zusammenfassend legen die kognitiven Ansätze zur Prüfungsangst nahe, handlungstheoretische Persönlichkeitsvariablen in ihrem prädiktiven Wert für die Bewältigung von Prüfungsangst zu untersuchen. Für diese selbst- und umweltbezogenen Kognitionen bietet sich das handlungstheoretische Partialmodell der Persönlichkeit(HPP) an (vgl. Hank, Pohl & Krampen 2009, S 20f).

    Das handlungstheoretische Partialmodell der Persönlichkeit
    Zu den zentralen Persönlichkeitskonstrukten des HPP gehört die Trias Selbstvertrauen, interpersonales Vertrauen und Zukunftsvertrauen. Das Selbstvertrauen beinhaltet subjektive situations- und handlungsspezifische Kompetenz- oder Wirksamkeitserwartungen. Vertrauen in andere(s) zeigt sich vor allem im sozialen Kontext, d.h. im Vertrauen bzw. Misstrauen in primäre und weitere Bezugspersonen wie Freunde oder Kollegen sowie in fremde Menschen. Unter der dritten Facette des Vertrauenstrias, dem Zukunftsvertrauen versteht man das Vertrauen in die persönliche Zukunft, in die Zukunft der Angehörigen und Freunde, in die Zukunft der Gesellschaft sowie der Menschheit allgemein (vgl. Hank, Pohl & Krampen 2009, S 21).

    Vorhersagewert der Vertrauenstrias für Prüfungsangst

    Die entscheidende Frage, welche durch diesen Artikel beantwortet werden soll ist nun folgende: Lässt sich das Erleben von Prüfungsangst durch die Vertrauenstrias vorhersagen? Zur Prüfung dieser Frage wurden separate multiple Regressionen von Mangel an Zuversicht, Besorgnis und Aufgeregtheit auf die Vertrauenstrias nach der Einschlussmethode gerechnet.
    Zukunftsvertrauen erweist sich konsistent als stärkster Faktor in der erwarteten Einflussrichtung. Dabei fällt der Einfluss von Zukunftsvertrauen auf das Kriterium Mangel an Zuversicht am stärksten aus. Selbstvertrauen leistet ebenfalls einen signifikanten Vorhersagebeitrag für jedes analysierte Kriterium. Beide Faktoren binden zusammen bis zu fast 40 % der Varianz in der Kriteriumsvariable. Interpersonales Vertrauen als weiterer Faktor vermag den relativen Anteil ausgeschöpfter Varianz durch Selbst- und Zukunftsvertrauen  in keiner der untersuchten Kriteriumsvariablen signifikant zu steigern. Die gefundenen Zusammenhänge zwischen interpersonalem Vertrauen und Prüfungsangst gehen demnach auf die gemeinsamen Varianzanteile dieser Vertrauensfacette mit den Dimensionen Selbstvertrauen und Zukunftsvertrauen zurück.

    Im Kontext dieser spezifizierten Modellschätzungen haben sich Zukunftsvertrauen und Selbstvertrauen konsistent über alle untersuchten Komponenten der Prüfungsangst hinweg als signifikante Regressoren erwiesen . Weiters sind durchgängig Situations- sowie Gefahren- und/oder Angstkontrolle als bedeutsame Faktoren zu berücksichtigen (vgl. Hank, Pohl & Krampen 2009, S 23f).

    Verwendete Literatur
    Hank, P., Pohl, V. & Krampen, G. (2009). Die Vertrauens-Trias als personale Ressource für die Bewältigung von Prüfungsangst. Zeitschrift für Pädagogische Psychologie, 23, 19-30.




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