Der Begriff Synchronizität bezeichnet in der Psychologie das Auftreten zweier oder mehrerer Ereignisse, die zwar nicht in einem kausalen Zusammenhang stehen, jedoch aufgrund ihres sinnhaften Zusammentreffens als bedeutsam erlebt werden. Das Konzept wurde maßgeblich von dem Schweizer Psychiater Carl Gustav Jung (1875–1961) geprägt, der den Begriff in den 1930er Jahren entwickelte und 1952 gemeinsam mit dem Physiker Wolfgang Pauli theoretisch ausarbeitete. Nach Jung beschreibt Synchronizität „die zeitliche Koinzidenz zweier oder mehrerer kausal nicht miteinander verknüpfter Ereignisse, die denselben oder einen ähnlichen Sinngehalt haben“ (Jung, 1952/1990, S. 25). Damit stellt sie eine Ergänzung zur Kausalität als erklärendem Prinzip psychischer und physischer Phänomene dar und verweist auf die Möglichkeit, dass Ereignisse durch Bedeutung und nicht durch Ursache und Wirkung miteinander verbunden sein können.
Jung verstand Synchronizität als Ausdruck einer tieferliegenden Ordnung, die er als akausale verbindende Prinzipien bezeichnete. Sie sollte erklären, warum Menschen mitunter Erlebnisse haben, die sie als „bedeutsame Zufälle“ interpretieren – etwa wenn jemand plötzlich an eine alte Freundin denkt, die sich kurz darauf unerwartet meldet, oder wenn ein Traum symbolisch auf ein Ereignis hinweist, das sich kurz danach real ereignet. Jung sah darin eine Wechselwirkung zwischen inneren psychischen Prozessen (Archetypen, Unbewusstes) und äußeren Ereignissen, die gemeinsam auf eine übergeordnete Sinnstruktur verweisen (Jung, 1952/1990).
Ein klassisches Beispiel, das Jung selbst beschreibt, ist die Therapie einer Patientin, die von einem goldenen Skarabäus träumte. Während sie diesen Traum erzählte, flog ein tatsächlich existierender Käfer – ein Rosenkäfer, der dem Skarabäus ähnelt – ins Zimmer. Für Jung war dieses Zusammentreffen ein symbolisches Ereignis, das eine bedeutsame Wandlung im therapeutischen Prozess auslöste (Jung, 1952/1990).
Aus moderner wissenschaftlicher Sicht wird Synchronizität häufig kritisch betrachtet, da sie sich einer empirischen Überprüfung weitgehend entzieht. Die meisten psychologischen Ansätze interpretieren derartige Erlebnisse als Ausdruck kognitiver Mechanismen wie apophenia (die Tendenz, Muster in zufälligen Ereignissen zu erkennen) oder bestätigungsfehler (confirmation bias), die dazu führen, dass Menschen Sinn und Zusammenhang dort konstruieren, wo objektiv keiner besteht (Brugger, 2001). Dennoch wird das Konzept in der Tiefenpsychologie, der transpersonalen Psychologie und in spirituell orientierten Ansätzen weiterhin als bedeutsam angesehen, insbesondere in Bezug auf die subjektive Erfahrung von Sinn, Symbolik und Verbundenheit.
Jung betonte, dass Synchronizität nicht als übernatürliches Phänomen zu verstehen sei, sondern als psychophysikalische Korrelation, die darauf hinweist, dass Psyche und Materie auf einer tieferen Ebene miteinander verbunden sein könnten – ein Gedanke, den er in Dialog mit der Quantenphysik Pauli’s entwickelte. Auch wenn diese Hypothese wissenschaftlich nicht bestätigt wurde, bleibt die Idee der Synchronizität ein einflussreicher Versuch, subjektive Sinnzusammenhänge zwischen innerer Erfahrung und äußerer Welt theoretisch zu fassen.
Literatur
Brugger, P. (2001). From haunted brain to haunted science: A cognitive neuroscience view of paranormal and pseudoscientific thought. In J. Houran & R. Lange (Eds.), Hauntings and poltergeists: Multidisciplinary perspectives (S. 195–213). McFarland.
Jung, C. G. (1990). Synchronizität: Akausales verbindendes Prinzip Walter Verlag. (Original erschienen 1952)
Pauli, W., & Jung, C. G. (2001). Atom und Archetyp: Das paulinisch-jungsche Briefwechsel 1932–1958. Springer.