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Wie Schlafmangel die Konzentration beeinflusst

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    Schlafmangel beeinträchtigt nicht nur die Aufmerksamkeit, sondern führt auch zu tiefgreifenden physiologischen Veränderungen im Gehirn, wie Yang et al. (2025) jüngst in einer Studie gezeigt haben. Mithilfe einer Kombination aus schneller funktioneller Magnetresonanztomographie (fMRT) und Elektroenzephalografie (EEG) beobachteten sie 26 Probandinnen und Probanden, die einfache visuelle und akustische Aufgaben lösen sollten. Dabei zeigte sich, dass Schlafmangel zu deutlich schlechteren Leistungen führte, denn Teilnehmende reagierten langsamer oder verpassten einzelne Aufgaben vollständig.

    Die Bildgebungsdaten offenbarten dabei einen bemerkenswerten Zusammenhang zwischen den kognitiven Aussetzern und der Zirkulation der Gehirnflüssigkeit (Liquor oder Cerebrospinalflüssigkeit). Während solcher Momente floss eine deutliche Welle dieser Flüssigkeit aus dem Gehirn und kehrte anschließend wieder zurück, ein Vorgang, der üblicherweise während des Schlafs stattfindet. Im Schlaf dienen rhythmische Liquorbewegungen bekanntlich dem Abtransport von Stoffwechselabfällen und tragen wesentlich zur Erhaltung der neuronalen Gesundheit bei.

    Offenbar versucht also der Körper bei Schlafmangel, diesen Reinigungsprozess im Wachzustand nachzuholen, es findet also eine Art erzwungene „Gehirnwäsche“ im Wachzustand statt, die mit einer vorübergehenden Einschränkung der Aufmerksamkeit einhergeht. Man vermutet, dass das Gehirn bei Schlafdefizit schlafähnliche Zustände induziert, um dringend benötigte Regenerationsprozesse einzuleiten, so dass in solchen Situationen die Aufmerksamkeitsstörung weniger einen zufälligen Fehler darstellt als vielmehr eine Schutzmaßnahme des Gehirns Sein dürfte. Darüber hinaus bleiben die Veränderungen nicht auf das Gehirn beschränkt, denn parallel zu den Liquorwellen verlangsamten sich Herzschlag und Atmung, während sich die Pupillen etwa zwölf Sekunden vor der Flüssigkeitsbewegung deutlich verengten. Dies deutet auf einen koordinierten, ganzkörperlichen Mechanismus hin, der neuronale, vaskuläre und autonome Prozesse miteinander verknüpft.

    Aufmerksamkeitsaussetzer nach Schlafmangel sind daher vermutlich Ausdruck eines tiefen biologischen Bedürfnisses, da der Körper das Gehirn zwingt, sich selbst zu reinigen und zu regenerieren, selbst wenn das auf Kosten der geistigen Wachheit geschieht. Solche Zusammenhänge könnten auch erklären, warum chronischer Schlafmangel nicht nur kurzfristige Konzentrationsprobleme verursacht, sondern auch mit neurodegenerativen Erkrankungen assoziiert ist.

    Literatur

    Yang, Z., Williams, S. D., Beldzik, E., Anakwe, S., Schimmelpfennig, E., & Lewis, L. D. (2025). Attentional failures after sleep deprivation are locked to joint neurovascular, pupil and cerebrospinal fluid flow dynamics. Nature Neuroscience, doi:10.1038/s41593-025-02098-8

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