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Bewegung als Verstärker des Hörens

    Aktuelle Forschungsergebnisse zeigen, dass das menschliche Hörvermögen während des Gehens dynamisch angepasst wird und stärker auf akustische Reize reagiert als im Stehen oder beim Treten auf der Stelle. In einer Untersuchung von Chen et al. (2025) wurden 30 Versuchspersonen gebeten, auf einem achterschleifenförmigen Kurs durch einen Raum zu gehen, während sie wechselnden Geräuschkulissen ausgesetzt waren. Mithilfe mobiler EEG-Messungen konnte man feststellen, dass die Gehirnreaktionen nicht nur durch das Gehen an sich, sondern auch durch die jeweilige Bewegungsrichtung beeinflusst wurden. So verstärkten sich beispielsweise die auditorischen Reaktionen in dem Ohr, das zur jeweiligen Kurvenrichtung zeigte, während die entgegengesetzte Seite gleichzeitig eine Unterdrückung erfuhr. Diese Verschiebungen der auditiven Aufmerksamkeit deuten darauf hin, dass das Gehirn beim Navigieren sensorische Ressourcen gezielt umlenkt, um eine effizientere Orientierung in dynamischen Umgebungen zu ermöglichen.

    Ein weiterer Aspekt betraf Störgeräusche, die während der Versuche eingespielt wurden. Besonders deutlich traten neuronale Reaktionen dann hervor, wenn solche Geräusche nur in einem Ohr dargeboten wurden. Dies spricht für einen spezifischen Filtermechanismus des Gehirns, wobei erwartbare Hintergrundgeräusche – wie die eigenen Schritte – abgeschwächt werden, während unerwartete akustische Signale von der Seite besonders betont verarbeitet werden. Diese Dynamik könnte die Fähigkeit des auditorischen Systems verdeutlichen, Abweichungen und Neuigkeiten während der Fortbewegung rasch zu erkennen. Damit zeigt sich, dass Gehen nicht nur motorische und räumliche, sondern auch sensorische Prozesse fundamental prägt und dass die Anpassung der auditiven Aufmerksamkeit ein entscheidender Bestandteil effizienter Navigation ist.

    Literatur

    Chen, X., Cao, L., Wieske, R. E., Prada, J., Gramann, K., & Händel, B. F. (2025). Walking modulates active auditory sensing. The Journal of Neuroscience, doi:10.1523/JNEUROSCI.0489-25.2025

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