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Neuronendichte ist wichtiger als Anzahl der Neuronen

    Die Forschung im Bereich der Neurobiologie und Kognitionspsychologie hat in den letzten Jahren zu einem tieferen Verständnis der Beziehung zwischen Gehirnstruktur und Intelligenz geführt, wobei sich die frühere Annahme, dass ein größeres Gehirn automatisch mit höherer Intelligenz einhergeht, als zu vereinfachend erwiese hatn. Stattdessen betonen neuere Studien die Bedeutung der neuronalen Organisation und Dichte für die kognitiven Fähigkeiten eines Individuums. Die Komplexität und Effizienz der Vernetzung zwischen verschiedenen Hirnregionen sowie die Dichte der Nervenzellen und Synapsen scheinen insgesamt wichtiger zu sein als das reine Volumen des Gehirns.

    Die neueste Forschung hat nämlich gezeigt, dass etwa die Intelligenz von Vögeln nicht von der Größe ihres Gehirns abhängt, sondern vielmehr von der Dichte der Nervenzellen, insbesondere im Pallium, dem Mantel des Vogelhirns. Vögel wie Krähen und Papageien weisen eine deutlich höhere Neuronendichte auf als viele Säugetiere, was ihre beeindruckenden kognitiven Fähigkeiten erklärt. Dieser dicht gepackte Aufbau der Nervenzellen im Vogelhirn ist außerdem energieeffizienter als die Struktur im Säugetierhirn.

    Besonders wichtig für die kognitive Leistungsfähigkeit sind die assoziativen Neuronen, die verschiedene Hirnregionen miteinander verbinden. Intelligentere Vogelarten besitzen eine größere Anzahl dieser Verbindungsneuronen, ähnlich wie es bei ebenso kognitiv hoch entwickelten Primaten der Fall ist. Tatsächlich zeigt die Gehirnstruktur von Vögeln in vielen Aspekten erstaunliche Parallelen zum Säugetierhirn, denn so ist etwa das Pallium der Vögel ähnlich organisiert und vernetzt wie der Neokortex der Säugetiere. Dies legt den Schluss nahe, dass ein spezialisierter Präfrontalkortex für höhere kognitive Funktionen gar nicht zwingend erforderlich ist.

    Eine wichtige Rolle bei der Entwicklung komplexer kognitiver Fähigkeiten spielt auch der Neurotransmitter Dopamin, sowohl bei Vögeln als auch bei Säugetieren. Dopamin verstärkt Verhaltensweisen durch Belohnungseffekte und beeinflusst dabei auch jene Hirnregionen, die für höhere kognitive Leistungen zuständig sind. Darüber hinaus ist das Arbeitsgedächtnis, eine zentrale Grundlage vieler kognitiver Fähigkeiten, bei Vögeln ähnlich weit entwickelt wie bei Säugetieren, wobei bestimmte Bereiche des Vogelpalliums zeigen dabei Aktivierungsmuster, die typisch für das Arbeitsgedächtnis sind.

    All diese Erkenntnisse deuten darauf hin, dass sich höhere kognitive Fähigkeiten im Lauf der Evolution unabhängig sowohl bei Säugetieren als auch bei Vögeln entwickelt haben, und zwar trotz der grundlegenden Unterschiede in ihren Gehirnstrukturen. Dies unterstreicht die erstaunliche Vielfalt und Anpassungsfähigkeit, mit der das Gehirn im Laufe der Evolution neue Wege gefunden hat, um komplexe Intelligenz auszubilden.

    So zeigt sich beispielsweise, dass bestimmte Hirnregionen bei hochintelligenten Menschen eine besonders hohe neuronale Aktivität und Konnektivität aufweisen, insbesondere in Bereichen, die mit logischem Denken, Problemlösung und Kreativität in Verbindung stehen. Gleichzeitig weisen Studien darauf hin, dass auch Umweltfaktoren wie Bildung, Lebensstil und soziale Interaktionen einen erheblichen Einfluss auf die Entwicklung kognitiver Fähigkeiten haben können.



    Literatur

    Güntürkün, O., Pusch, R. & Rose, J. (2024). Why birds are smart. Trends Cogn. Sci., 28:, 197-209.


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