Das Stottern betrifft etwa einen von hundert Erwachsenen und kann zu erheblichen Kommunikationsproblemen und sozialen Ängsten führen. Am häufigsten tritt es als Entwicklungsstörung auf, kann aber auch durch eine fokale Hirnschädigung verursacht werden. Die letztgenannten Fälle könnten einen einzigartigen Einblick in die Gehirnregionen geben, die das Stottern verursachen. In einer aktuellen Studie von Theys et al. (2024) wurde das neuroanatomische Substrat des Stotterns anhand von drei unabhängigen Datensätzen untersucht. (i) Fallberichte aus der veröffentlichten Literatur über erworbenes neurogenes Stottern nach Schlaganfall (n = 20, 14 Männer/sechs Frauen, 16–77 Jahre); (ii) eine klinische Einzelstudienkohorte mit erworbenem neurogenem Stottern (i) Fallberichte aus der veröffentlichten Literatur über erworbenes neurogenes Stottern nach Schlaganfall (n = 20, 13 Männer/sieben Frauen, 45-87 Jahre); (ii) eine klinische Einzelstudienkohorte mit erworbenem neurogenem Stottern (n = 20, 14 Männer/sechs Frauen, 18-43 Jahre). Die ersten beiden Datensätze wurden hinsichtlich der Kartierung von Läsionsnetzwerken untersucht, um festzustellen, ob Läsionen, die erworbenes Stottern verursachen, einem gemeinsamen Hirnnetzwerk zugeordnet werden können. In der eigenen Literaturdatenbank konnte festgestellt werden, dass Läsionen, die Stottern verursachen, in mehreren heterogenen Hirnregionen auftreten, jedoch alle funktionell mit einem gemeinsamen Netzwerk verbunden sind, welches sich um das linke Putamen zentriert und das Claustrum, den amygdalostriatalen Übergangsbereich und andere angrenzende Bereiche umfasst. Diese Erkenntnisse legen nahe, dass Stottern stets in diesem Netzwerk entsteht, unabhängig davon, ob es entwicklungsbedingt oder neurologisch verursacht ist. Das Putamen ist etwa an internem Timing und der Programmierung motorischer Bewegungen beteiligt, auch im Gesichtsbereich, einschließlich der Lippenbewegungen. Des Weiteren sind Regionen der Amygdala und des Claustrums involviert, die sich tief im Gehirn befinden, sowie Verbindungen zwischen ihnen. Dieser Befund erwies sich als spezifisch für Stottern und konnte in der eigenen unabhängigen klinischen Kohorte von Patienten mit Schlaganfall reproduziert werden. Die gewonnenen Erkenntnisse tragen dazu bei, bekannte Merkmale des Stotterns wie die motorischen Schwierigkeiten bei der Sprachproduktion und die signifikante Variabilität des Schweregrads des Stotterns in verschiedenen emotionalen Zuständen zu erklären.
Literatur
Theys, Catherine, Jaakkola, Elina, Melzer, Tracy R, De Nil, Luc F, Guenther, Frank H, Cohen, Alexander L, Fox, Michael D & Joutsa, Juho (2024). Localization of stuttering based on causal brain lesion. Brain, 147, 2203- 2213.
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