Stimmungsstörungen sind seit jeher ein zentrales Kriterium für die Diagnose einer schweren depressiven Episode, wobei in den DSM dieses Kriterium mit depressiver, hoffnungsloser, entmutigter, freudloser und reizbarer Stimmung beschrieben wird, was auf eine Austauschbarkeit hindeutet. Die bisherige Forschung hat die einzelnen Formen der Stimmungsstörung in Bezug auf den Schweregrad der Depression untersucht, doch weniger untersucht wurde die Heterogenität der Stimmungsstörungen und ihre Auswirkungen auf die Präsentation und den Verlauf der Depression. In einer nun vorliegenden Studie haben Liu et al. (2023) anhand einer repräsentativen Stichprobe von Erwachsenen mit unipolarer Major Depression in den USA der Zusammenhang zwischen spezifischen Formen von Stimmungsstörungen und dem Schweregrad, der Chronizität oder den Symptomen von Depressionen untersucht, die über andere Formen hinausgehen, sowie deren Beziehung zu funktionellen Beeinträchtigungen, Suizidalität und psychiatrischer Komorbidität mittels verallgemeinerter linearer Modelle.
Dabei stand die freudlose und hoffnungslose Stimmung mit dem Schweregrad der Depression in Verbindung und die hoffnungslose und reizbare Stimmung mit der Chronizität der Depression in Verbindung. Unterschiedliche Formen der Stimmungsstörung zeigten unterschiedliche Beziehungen zu depressiven Symptomen. Freudlose, hoffnungslose und reizbare Stimmung wurden mit depressionsspezifischen funktionellen Störungen in Verbindung gebracht, die mit dem Schweregrad der Depression zunahmen. Freudlose, hoffnungslose und entmutigte Stimmung wurde mit passiven Suizidgedanken in Verbindung gebracht. Hoffnungslose Stimmung wurde mit aktiven Suizidgedanken in Verbindung gebracht. Hoffnungslose und reizbare Stimmung wurde sowohl mit Suizidplänen als auch mit Suizidversuchen in Verbindung gebracht. Die verschiedenen Formen der Stimmungsstörung standen also in unterschiedlichem Zusammenhang mit komorbiden psychiatrischen Erkrankungen, d. h., die Beziehungen zwischen den verschiedenen Formen von Stimmungsstörungen und verschiedenen Aspekten der Depression sind nuanciert. Theoretisch gesehen unterstreichen diese Zusammenhänge den potenziellen Nutzen der Anerkennung der Komplexität und Heterogenität von Stimmungsstörungen, wobei in klinischer Hinsicht diese Ergebnisse auf einen potenziellen Nutzen für die routinemäßige Überwachung von Stimmungsstörungen schließen lassen.
Literatur
Liu, Qimin, Joiner, Raquael J., Trichtinger, Lauren A., Tran, Tiffany & Cole, David A. (2023). Dissecting the depressed mood criterion in adult depression: The heterogeneity of mood disturbances in major depressive episodes. Journal of Affective Disorders, 323, 392-399.
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