Juliane Lamprecht, Jenny Wagner und Frieder R. Lang
Kinder? Küche? Karriere? –
Dringlichkeit des Kinderwunsches, Geschlechtsrollenorientierung und Aufgabenverteilung in kinderlosen Partnerschaften
Geschlechtsrollenverständnis und Aufgabenverteilung in Haushalt und Beruf
Traditionalisierungseffekte in der haushaltlichen und beruflichen Arbeitsteilung junger Paare nach der Geburt des ersten Kindes lassen sich teilweise auch auf verschiedene Geschlechtsrolenverständnisse von Müttern und Vätern zurückführen (Lamprecht, Wagner & Lang 2008, S. 114). Dies hat dadurch zur Folge, dass sich die jungen Mütter vermehrt auf die häuslichen Arbeiten beschränken und die Väter engagieren sich vermehrt im Beruf (vgl. Lamprecht, Wagner & Lang 2008, S. 114).
Die Aufgabenverteilung ist ein wichtiger Punkt in einer Partnerschaft, da sie die optimale Nutzung aller Ressourcen bzw. Güter sichert insbesondere im Hinblick auf eine mögliche Elternschaft. Diese ändern sich jedoch im Laufe einer Partnerschaft ständig. Daher wir auch vermutet, dass sich die Geschlechtsrollenverteilung im Hinblick auf eine mögliche Elternschaft verändern. Die traditionelle Rollenverteilung findet meist große Akzeptanz. Es wird daher in dieser Studie erwartet, dass bei steigendem Kinderwunsch die Traditionalisierung der Geschlechtsrollenverteilung und der Rollenaufteilung in Beruf und Familie verdeutlicht wird (vgl. Lamprecht, Wagner & Lang 2008, S. 114f).
Methode
Untersuchungsdesign und Stichprobe
Die vorliegenden Daten wurden im Rahmen eines größeren Forschungsprojektes erhoben, welches sich mit der Beziehungsgestaltung bei heterosexuellen Paaren in unterschiedlichen familialen Lebenssituationen beschäftigt. Ausgehend von der durch Zeitungsbeiträge und Aushänge rekrutierten Stichprobe wurde für die vorliegende Studie eine Teilstrichprobe aus dem Großraum Halle/Leipzig mit vierzig kinderlosen Paaren (N=80) im jungen und mittleren Erwachsenenalter (M=32.83, SD=4.90, 25-47) ausgewählt. […] Auf Grund der unterschiedlichen Stufen der Kinderwunschdringlichkeit teilten sich die Paare auf in vier Untersuchungsgruppen (1) Paare, die (einvernehmlich) keine Kinder haben wollen (motiviert kinderlose Paare, n=10), (2) Paare, die frühestens in 5 Jahren ein Kind haben wollen (befristet kinderlose Paare, n=10), (3) Paare die innerhalb der nächsten 1-2 Jahre ein Kind wollen (Mittelstarker Kinderwunsch, n=10), und (4) Paare mit einem dringlichen, aber unerfüllten Kinderwunsch (n=10). Etwa 40 Prozent (41 %) der Paare waren verheiratet, die restlichen Paare (59 %) lebten in einer festen Partnerschaft (Lamprecht, Wagner & Lang 2008, S. 115).
Untersuchungsvariablen
Untersucht wurden die Kinderwunschmotive, mit Kriterien emotionale Stabilisierung und Sinnfindung, persönliche Einschränkungen und Probleme, soziale Anerkennung und Identitätsbildung und unzureichende materielle/soziale Unterstützung. Weiters wurde die normative Geschlechtsrollenorientierung untersucht. Die Aufgabenverteilung wurde gesplittet in Selbst- und Fremdeinschätzung. Zum Bereich: Entwicklungsregulative Kontrollstrategien wurden selektive primäre Kontrollen, kompensatorische primäre Kontrolle und selektive sekundäre Kontrolle betrachtet (vgl. Lamprecht, Wagner & Lang 2008, S. 117).
Kinderwunsch als Traditionalisierungsfaktor
Traditionalisierungseffekte in Abhängigkeit der Kinderwunschdringlichkeit von kinderlosen Paaren wurden auf zwei unterschiedlichen Ebenen erwartet: zum einen in der Geschlechtsrolleneinstellung und zum zweiten im konkreten Verhalten der partnerschaftlichen Arbeitsaufteilung. Traditionalisierungseffekte auf der Ebene der Geschlechtsrolleneinstellung konnten in Abhängigkeit von der Dringlichkeit des Kinderwunsches nachgewiesen werden. Wie vermutet, zeigten die Paare mit sofortigem Kinderwunsch die traditionelle Geschlechtsrollenorientierung und zwar unabhängig vom Geschlecht. Sie stimmen stärker mit den sozialen Normen überein, welche die klassischen Rollenbilder des Mannes als „Ernährer“ und der Frau als „Hausfrau und Mutter“ betonen (Lamprecht, Wagner & Lang 2008, S. 121).
Interessant ist die Zusammenführung der Befunde. Die Traditionalisierungseffekte zeigten sich zwar auf der Einstellungs- jedoch nicht auf der Verhaltensebene. Eine erhöhte Dringlichkeit des Kinderwunsches hatte keinen Einfluss auf die traditionalisierung der Aufgabenverteilung. Die Annahme liegt nahe, dass erst die Anwesenheit des ersten Kindes und der dadurch entstehende objektive belastungsanstieg eine Veränderung der Verteilung der Aufgaben im Haushalt bewirkt (Lamprecht, Wagner & Lang 2008, S. 122).
Verwendete Literatur
Lamprecht, J., Wagner, J. & Lang, F. R. (2008). Kinder? Küche? Karriere? – Dringlichkeit des Kinderwunsches, Geschlechtsrollenorientierung und Aufgabenverteilung in kinderlosen Partnerschaften. Zeitschrift für Entwicklungspsychologie und Pädagogische Psychologie, 40 (3), 112-123.
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