Hannes Zacher, Jörg Felfe und Gernot Glander
Lernen im Team: Zusammenhänge zwischen Personen- und Teammerkmalen und der Leistung von Multiplikatoren
In Zeiten eines globalisierten Wettbewerbs ist es für Unternehmen überlebenswichtig ihre Forschungsarbeit zu intensivieren und Arbeitsprozesse kontinuierlich zu verbessern um sofort und flexibel auf internationale Veränderungen reagieren zu können. Die Ausbildung und Förderung der Mitarbeiter ist daher für alle Unternehmen wichtig, wobei dem gegenseitigen Wissensaustausch in Teamarbeit unter Einbeziehung eines sogenannten Multiplikators größere Bedeutung zukommt (vgl. Zacher et al., 2008, S. 81f).
Mit Hilfe von Mehrebenenanalysen (HLM) wurden in einem Automobilproduktionsbetrieb die Zusammenhänge zwischen Persönlichkeitsmerkmalen der Multiplikatoren und der daraus resultierenden Lern- und Arbeitserfolge in den jeweiligen Arbeitsgruppen aufgezeigt. Da es bisher nur wenige Studien gab, die sich mit den Auswirkungen von „Lernen im Team“ beschäftigen, sind die Ergebnisse der nachfolgend angegebenen Studie besonders interessant. Sie liefert uns Hinweise, wie Multiplikatoren ausgewählt werden sollen und welche Bedingungen in Teams herrschen werden müssen, um positives, kreatives Lernen zu ermöglichen (vgl. Zacher et al., 2008, S. 81f).
Lernen im Team
Als „Team“ bezeichnet man mehrere Personen, die miteinander an verschiedenen Zielen arbeiten und durch Erfahrungsaustausch voneinander lernen. So können zB junge Mitarbeiter von der jahrelangen Berufspraxis älterer Kollegen profitieren. Große Bedeutung kommt hier vor allem den sozialen Fähigkeiten der lehrenden Person zu. Die Frage der Art und Weise, wie Wissen oder wie Fertigkeiten vermittelt werden, ist enorm wichtig. Der Lehrende sollte nicht nur als Wissensvermittler, sondern auch als Vorbild fungieren. Geduld, Ausdauer und Einführungsvermögen sind unverzichtbar, besonders wenn auf Arbeitsmängel oder aufgetretene Fehler hingewiesen werden muss. Ein aufgabenorientiertes Lernen bedeutet, dass ein arbeitsplatznahes Lernen möglich ist und sich Mitarbeiter innerhalb einer bestimmten Zeitangabe Wissen selbständig aneignen können. Dies fördert die Eigenverantwortung und stärkt das Selbstvertrauen bzw. die Verbundenheit mit dem Betrieb oder Unternehmen (vgl. Zacher et al., 2008, S. 82f). Ein Beispiel ist das Hörspiel-Seniorenradio von Radio FRO im Wissensturm in Linz.
Um Lernen im Team noch effektvoller zu gestalten, setzten Betriebe häufig sogenannte „Multiplikatoren“ ein. Diese innerbetrieblichen Experten sind auf die Weitergabe ihrer Fertigkeiten und Fähigkeiten vorbereitet. Multiplikatoren stellen ihren enormen Wissensschatz den Mitarbeitern im Team zur Verfügung und bringen gegenüber professionellen Trainern und Beratern große Vorteile für die Unternehmen. Sie verfügen über viele zusätzliche Informationen und meist Kenntnisse der Arbeitsprozesse im Betrieb, sind zuverlässig und schnell erreichbar (vgl. Zacher et al., 2008, S. 82f).
Beim individuellen Lernen im Team ist die Wissensvermehrung der jeweiligen Person im Mittelpunkt, beim Teamlearning die höhere Ebene des Gruppenlernens. In folgender Studie werden sowohl individuelles Lernen als auch der Wissenserwerb in der Gruppe untersucht (vgl. Zacher et al., 2008, S. 82).
Hypothesen
Für eine erfolgreiche Weitergabe von Wissen und Fertigkeiten muss der Multiplikator selbst die Lerninhalte gut beherrschen und anschaulich erklären und weitergeben können. Erfolgreiche Multiplikatoren werden sich immer engagiert ihren Mitarbeitern gegenüber verhalten. Gewissenhaftigkeit der Multiplikatoren ist daher unabdingbar (Hypothese 1) (vgl. Zacher et al., 2008, S. 83f).
Ein erfolgreicher Multiplikator muss aber nicht nur Wissen weitergeben, sondern er hat auch die Aufgabe, Vermittler innerhalb der Teamkollegen zu sein, auf Fehler aufmerksam zu machen und Rückmeldungen über Lernfortschritte zu geben (Hypothese 2) (vgl. Zacher et al., 2008, S. 84).
Neben der Leistungs- und Kommunikationsfähigkeit sind aber auch die sozialen Kompetenzen, wie zB Geduld, Eingehen auf Lernschwächere, Rücksichtnahme, Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft von Seiten des Multiplikators wichtig (Hypothese 3) (vgl. Zacher et al., 2008, S. 84).
Mitarbeiter und Multiplikatoren, die sich einem Unternehmen zugehörig fühlen, werden sich bei ihrer Arbeit eher engagieren und leistungsorientierter arbeiten. Es ist also von Vorteil, wenn sich Multiplikatoren mit dem Unternehmen identifizieren. (Hypothese 4) (vgl. Zacher et al., 2008, S. 84).
Besonders hervorzuheben ist die Qualität der Beziehungen zwischen den Teamkollegen. Sind Zusammenhalt und Wertschätzung innerhalb der Gruppe bzw. der Teammitglieder groß, so bedeutet dies einen Vorteil bei der Wissensvermittlung für den Multiplikator. (Hypothese 5) (vgl. Zacher et al., 2008, S. 84).
Methode
Es wurden 41 ausgebildete Multiplikatoren um ihre Teilnahme gebeten. Die jeweiligen Kollegen aus den dazugehörigen Teams mussten die Leistung ihrer Multiplikatoren anhand von zwei Kriterien wie Vermittlungserfolg des Multiplikators einerseits und eigenen Erfolg andererseits darstellen. Es wurde eine anonyme Befragung durchgeführt (vgl. Zacher, 2008, S. 84f).
Die Studie zeigt, dass der Erfolg der Multiplikatoren und die Arbeit in den Gruppen sehr stark von den Eigenschaften der einzelnen Personen und von der Qualität des Zusammenhalts innerhalb der Gruppe beeinflusst wurden. (vgl. Zacher et al., 2008, S. 85)
Diskussion
Da die Bedeutung von arbeitsplatznahem Lernen weiter zunehmen wird, stellen Multiplikatoren das wichtige Bindeglied zwischen Arbeiten und Lernen dar. Gewissenhafte Multiplikatoren fördern die Arbeitsleistung im Team, aber ebenso ist von jedem Gruppenmitglied seinerseits wiederum Zuverlässigkeit, Eigenverantwortung und Ausdauer nötig. Es besteht eine Wechselwirkung zwischen den einzelnen Mitgliedern, je höher die Wertschätzung auf beiden Seiten ist, je größer der Erfolg im Team (vgl. Zacher et al., 2008, S. 86f).
Es wäre also von Vorteil, wenn in Zukunft die Verantwortung für Lern- und Entwicklungsprozesse auf alle Mitarbeiter eines Unternehmens aufgeteilt wird. Jeder Mitarbeiter sollte sich seiner Verpflichtung für Aus- und Weiterbildung nicht entziehen. Voraussetzung dafür ist die Bereitschaft der Unternehmen, durch Teamentwicklung und Teamtrainings das Wissen und die Fertigkeiten der Arbeitnehmer zu verbessern, gleichzeitig dürfen auch die zwischenmenschlichen Beziehungen der Mitarbeiter nicht vernachlässigt werden (vgl. Zacher et al., 2008, S. 87).
Verwendete Literatur
Zacher, H., Felfe, J. & Glander, G. (2008). Lernen im Team: Zusammenhänge zwischen Personen- und Teammerkmalen und der Leistung von Multiplikatoren. Zeitschrift für Organisationspsychologie, 52, 81-90.
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