Bekanntlich haben Seufzer für den Menschen eine befreiende oder erleichternde Wirkung, denn in den meisten Fällen sind Sorgen und Probleme der Auslöser. Die Lungenflügel werden bei einem Seufzer voll Luft gepumpt, die dann schnell und geräuschvoll ausgeatmet wird, wobei vor allem das unwillkürliche Seufzen für die Lungenfunktion wichtig ist, denn durch dieses tiefe Atmen blasen sich die zuvor beim flachen Atmen zusammengefallenen Lungenbläschen wieder auf, sodass sie die Fähigkeit der Lunge, Sauerstoff und Kohlendioxid auszutauschen, wieder in einem höheren Ausmaß erlangen. Das durchschnittliche Lungenvolumen beim Menschen fasst etwa drei bis vier Liter Sauerstoff, wobei man immer mindestens 1,5 Liter Luft in der Lunge hat, gleichgültig, wie tief man ausatmet. Leitungssportler erreichen übrigens dabei Werte von acht bis zehn Litern.
Das Seufzen bringt nämlich doppelt so viel Luftvolumen in die Lunge wie ein normaler Atemzug, d. h., Seufzen ist manchmal der einzige Weg, die Lungenbläschen wieder für das vollständigen Funktionieren ganz aufzublasen. Im Durchschnitt seufzt ein Mensch alle fünf Minuten, also etwa zwölf Mal in einer Stunde. Das Seufzen wird aber nicht nur von den Emotionen gesteuert, sondern das Atemzentrum im Gehirn, das auch für Gähnen und Husten zuständig ist, gibt die Anweisung, wann durch einen Seufzer besonders viel Luft in unsere Lungen gepumpt werden soll. Das Atemzentrum des Gehirns besteht aus einer kleinen Anzahl von unterschiedlichen Neuronen, die jeweils auf einen bestimmten Atemtyp bzw. verschiedene Formen des Atmens programmiert sind, also etwa für das Seufzen, das Gähnen, das Schnüffeln, das Husten, das Lachen und das Weinen.
Schon bei Neugeborenen hilft Seufzen, einen regelmäßigen Atemrhythmus zu entwickeln, d. h., die ungewöhnlich tiefen Atemzüge dienen dem Atemkontrollzentrum im Gehirn als eine Art Reset-Schalter, der den Rhythmus unterbricht, wenn die Atemzüge zu langsam und zu gleichförmig werden. Auf diese Weise entsteht auf Dauer ein stabiler Atemrhythmus, der aber variabel genug ist, um kurzfristig auf Veränderungen im Sauerstoffbedarf reagieren zu können. Künstliche Beatmungsmaschinen sind so eingestellt, dass in variablen Zeitabständen mehr Luft abgegeben wird, um einen Seufzer zu simulieren.
Untersuchungen zeigen übrigens, dass besonders der Atemrhythmus Auswirkungen auf die Gehirnaktivität hat, denn Menschen können, während sie einatmen, etwa den Ausdruck von Gesichtern besser einschätzen, ob sie etwa ärgerlich oder traurig sind. Das liegt daran, dass beim Einatmen Neuronen im limbischen System stimuliert werden, also dort, wo Emotionen, Erinnerungen und Gerüche verarbeitet werden. Menschen konnten sich in Experimenten auch besser an Objekte erinnern, wenn sie sich diese während eines tiefen Atemzugs einprägen mussten. Dadurch macht es durchaus Sinn, wenn Menschen, die in Gefahr geraten, schneller atmen, wobei diese häufiger ein als ausatmen, wodurch das Gehirn schneller arbeitet, was in Gefahrensituationen einen Vorteil verschafft.
Übrigens: In einem Versuch mit Mäusen konnte man zeigen, dass im Hirnstamm bestimmte Neuronen zwei Neuropeptide freisetzen, die die Mäuse zum Seufzen bringen, wobei das Blockieren eines der Neuropeptide die Seufzrate der Mäuse halbiert, nach Stilllegung beider Peptide konnten die Mäuse gar nicht mehr seufzen.
Literatur
Stangl, W. (2014). Seufzen [werner stangl]s arbeitsblätter.
WWW: https://arbeitsblaetter.stangl-taller.at/KOMMUNIKATION/KommNonverbale5.shtml (14-11-12)
Zelano, C., Jiang, H., Zhou, G., Arora, N., Schuele, S., Rosenow, J. & Gottfried, J. A. (2016). Nasal Respiration Entrains Human Limbic Oscillations and Modulates Cognitive Function. Journal of Neuroscience, 36, 12448-12467.
http://newsroom.ucla.edu/releases/ucla-and-stanford-researchers-pinpoint-origin-of-sighing-reflex-in-the-brain (16-06-27)
http://www.heilpraxisnet.de/naturheilpraxis/ueberlebenswichtig-darum-ist-seufzen-so-wichtig-fuer-die-gesundheit-2016062670171 (16-06-27)
http://www.praxisvita.de/warum-wir-alle-oefter-mal-seufzen-sollten (16-06-30)
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