Tittmann, Mandy & Rudolph, Udo
Aggressives Verhalten und soziometrischer Status bei Kindern im Vorschulalter
Ein wesentliches Ziel der Untersuchung war, eine Methode zu finden, mit der es möglich ist, Verantwortlichkeitsattribution und Ärgernisausmaß von Kindern im Vorschulalter bei negativen sozialen Ereignissen zu erfassen. Hierzu entwickelten sie SAVE (Spielaufgabe zur Erfassung von Verantwortlichkeitszuschreibungen und Emotionen) für Kinder im Alter von fünf und sechs Jahren. Zuvor haben sich die Untersuchungen der Sozial- und Entwicklungspsychologie in der Regel auf ältere Kinder beschränkt (vgl. Tittmann & Rudolph 2007, S. 178).
SAVE (Spielaufgabe zur Erfassung von Verantwortlichkeitszuschreibungen und Emotionen)
Insgesamt untersuchten Tittmann und Rudolph 115 Kindergartenkinder (60 Mädchen und 55 Jungen). Das durchschnittliche Alter lag bei knapp fünf Jahren. Bei der Untersuchung wurden den Kindern Bilder von Situationen gezeigt (z. B. die Geburtstagstorte eines Kindes wird von einem anderen Kind fallen gelassen). Zu jedem Ereignis wurde den Kindern eine kurze Geschichte erzählt. Anschließend stellte man ihnen einige Fragen. Insbesondere sollten sie darüber Auskunft geben, ob die Handlung des anderen Kindes ihrer Meinung nach Versehen oder Absicht war und wie sie in einer solchen Situation reagieren würden. Fragenstellungen und Antwortmöglichkeiten wurden altersgerecht gestaltet (vgl. Tittmann & Rudolph 2007, S. 180).
Validierung des Verfahrens SAVE
Soziometrischer Status
Zur Erhebung des soziometrischen Status wurden die Kinder befragt, mit welchen Kindern sie am liebsten spielen und mit wem sie gar nicht gerne spielen. Die Ergebnisse dieser Befragung haben mit jenen der SAVE-Methode übereingestimmt. Je beliebter ein Kind war, desto weniger hat es anderen Kindern bei negativen Erlebnissen bösartiges Verhalten unterstellt. Der soziometrische Status von Kindern ist demnach ein guter Indikator für deren Aggressivitätsverhalten und umgekehrt. Grundsätzlich ist zu erwähnen, dass Mädchen tendenziell beliebter sind und weniger zu aggressivem Verhalten neigen als Jungen (vgl. Tittmann & Rudolph 2007, S. 181ff).
Einschätzung der Erzieherinnen
Alle Erzieherinnen wurden gebeten die Kinder hinsichtlich ihres aggressiven und prosozialen Verhaltenss einzuschätzen. Die Befragung zeigte, dass die Einschätzungen der Erzieherinnen lediglich bei den prosozialen Eigenschaften korrekt waren. In Bezug auf das Aggressivitätsverhalten der Kinder war die Abweichung zu den Ergebnissen anderer Untersuchungen groß. Als möglicher Grund hierfür wird von Tittmann und Rudolph genannt, dass Erzieherinnen dazu tendieren könnten, die ihnen selbst anvertrauten Kinder als eher verhaltensunauffällig zu beschreiben (Tittmann & Rudolph 2007, S. 181ff).
Ergebnisse und Schlüsse
Kinder mit hohem Aggressivitätspotential haben Schwierigkeiten bei der Unterscheidung von Versehen und Absicht bzw. gehen grundsätzlich bei mehrdeutigen Situationen von bewusster Boshaftigkeit der anderen Person aus. Dies führt in weiterer Folge dazu, dass sie aus der Gruppe ausgeschlossen werden. Kinder, die in der Gruppe beliebt sind, neigen kaum zu aggressivem Verhalten. Um abgelehnte Kinder wieder in die Gruppe zu integrieren, erscheinen demnach gezielte Trainings zur Verbesserung der Verantwortlichkeitszuschreibung sinnvoll (Tittmann & Rudolph 2007, S. 182ff).
Verwendete Literatur
Tittmann, M. & Rudolph, U. (2007). Aggressives Verhalten und soziometrischer Status bei Kindern im Vorschulalter. Zeitschrift für Entwicklungspsychologie und Pädagogische Psychologie, 39, 177-186.
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