Menschen vergessen ihre Träume deshalb so schnell, da diese von den Sinneswahrnehmungen beim Aufwachen verdrängt werden, die viel Verarbeitungskapazität des Gehirns benötigen, um sich wieder im Leben zurechtzufinden, sodass keine nachhaltige Konsolidierung der Trauminhalte stattfinden kann. Man kann allerdings beim Aufwachen versuchen, die Augen geschlossen zu halten und an nichts anderes zu denken, als den gerade noch erinnerten Traum. Dann schreibt man am besten diesen Traum auf oder diktiert ihn in sein Smartphone. Das kann man übrigens auch in der Nacht tun, allerdings fällt dann meist das Einschlafen wieder schwerer! Ein kleiner Block mit Stift auf der Toilette kann auch praktikabel sein 😉
Verschiedene Studien haben in der Vergangenheit versucht, Muster in der Traumerinnerung zu finden. Einige untersuchten, ob es einen Zusammenhang zwischen dem Geschlecht, dem Alter oder der Neigung zum Tagträumen und der Traumerinnerung gibt. Andere Forschungsarbeiten behaupteten, dass bestimmte Persönlichkeitsmerkmale oder kognitive Fähigkeiten mit der Erinnerung an Träume zusammenhängen könnten. Diese Hypothesen konnten jedoch oft nicht bestätigt werden (Elce et al., 2025). In einer aktuellen Untersuchung fand man, dass neben persönlichen Eigenschaften auch saisonale Schwankungen und altersbedingte Veränderungen die Traumerinnerung beeinflussen können. In einer prospektiven Studie mit 217 gesunden Erwachsenen im Alter von 18 bis 70 Jahren untersuchte man die Auswirkungen von Schlafmustern, kognitiven Eigenschaften und der persönlichen Einstellung gegenüber Träumen auf die Erinnerung an diese. Teilnehmer wurden täglich gefragt, ob sie in der Nacht geträumt hatten und ob sie sich an den Inhalt des Traums erinnern konnten. Darüber hinaus wurden Schlafdauer, Schlafeffizienz, Schlafstörungen sowie die Hirnaktivität während des Schlafs überwacht. Die Ergebnisse zeigten, dass Menschen mit schlechterer Schlafqualität oder geringerer Schlaftiefe tendenziell besser in der Lage waren, sich an ihre Träume zu erinnern. Jüngere Probanden konnten sich nicht nur daran erinnern, geträumt zu haben, sondern auch an die Inhalte ihrer Träume. Im Gegensatz dazu berichteten ältere Teilnehmer häufiger von sogenannten „weißen Träumen“, was bedeutet, dass sie den Inhalt ihrer Träume direkt nach dem Aufwachen wieder vergessen hatten. Diese Unterschiede könnten durch altersbedingte kognitive Veränderungen im Schlaf erklärt werden, die die Verarbeitung und Erinnerung von Träumen beeinflussen (Elce et al., 2025). Ein weiterer interessanter Befund war, dass Teilnehmer, die eine positive Einstellung gegenüber Träumen hatten und zum Tagträumen neigten, eine bessere Erinnerung an ihre nächtlichen Erlebnisse hatten. Dies legt nahe, dass eine generelle Offenheit gegenüber der Welt der Träume und ein höheres Maß an Achtsamkeit gegenüber den eigenen Gedanken und Vorstellungen während des Tages auch die Traumerinnerung verbessern können. Ein weiterer wichtiger Faktor, der in der Studie berücksichtigt wurde, sind saisonale Schwankungen. Die Traumerinnerung war in den Wintermonaten generell verringert, was die Forscher darauf zurückführen, dass Umweltfaktoren wie die Tageslichtlänge und zirkadiane Rhythmen eine Rolle spielen könnten. Frühere Studien haben bereits gezeigt, dass Menschen im Winter tendenziell mehr Schlaf benötigen und dass die innere Uhr – der zirkadiane Rhythmus – das Schlafverhalten und damit auch die Traumwahrnehmung beeinflussen könnte. Träume sind offenbar weit mehr sind als nur flüchtige, unbedeutende Phänomene. Sie könnten tiefergehende Einsichten in die psychische und physiologische Verfassung des Menschen bieten und eine Rolle in der Diagnose und Behandlung von Schlafstörungen und anderen psychischen Erkrankungen spielen, wobei die Erinnerung an Träume von einer Vielzahl von Faktoren beeinflusst wird, einschließlich der individuellen Schlafqualität, der persönlichen Einstellung gegenüber Träumen, des Alters und saisonaler Schwankungen.
Traumforscher empfehlen das Anlegen eines persönlichen Traumtagebuches, in das man Trauminhalte am Morgen sofort einträgt, was auch eine Steigerung des Traumerinnerungsvermögens herbeiführen kann. Manche wiederholen während des Aufwachens das Geträumte wie ein Gedicht, denn so bleibt es zumindest einige Zeit im Gedächtnis.
Allerdings ist das Erinnern generell auch Übungssache, denn die meisten Menschen achten bekanntlich schon tagsüber sehr wenig auf Details ihrer Umgebung, sodass es ihnen bei Träumen ebenfalls besonders schwer fällt. Um diese Fähigkeit der Erinnerung zu üben, kann man einige Minuten aus dem Fenster schauen und sich alle Kleinigkeiten merken, etwa die Farbe der Kleindung der vorbeigehenden Menschen oder die Marke der Autos. Vor allem ist es wichtig, auf Abläufe zu achten, also vorbeifliegende Vögel, die Straße querende Menschen, stehenbleibende Autos. Bewegen sich diese schnell oder langsam? Nachdem man diese Eindrücke aufgenommen hat, schreibt man sie in ein Notizheft. Auch kann man sich einzelne Ereignisse des vergangenen Tages ins Gedächtnis rufen und versuchen, sich an möglichst viele Details zu erinnern. Wichtig ist aber auch schon mit der Einstellung schlafen zu gehen, dass man sich an seine Träume erinnern wird.
Träume durch Übung wahrnehmen und lenken zu können, bezeichnet man als luzides Träumen (Klarträumen).
Übrigens: Männer vergessen ihre Träume wesentlich häufiger als Frauen, während Kinder intensivere Traumerlebnisse haben als Erwachsene. Siehe dazu Geschlecht und Schlaf.
Literatur
Elce, V., Bergamo, D., Bontempi, G., Pedreschi, B., Bellesi, M., Handjaras, G. & Bernardi, G. (2025). The individual determinants of morning dream recall. Communications Psychology, 3, 25, doi:10.1038/s44271-025-00191-z (Stangl, 2025).
Stangl, W. (2025, 19. Februar). Die Erinnerung an Träume. arbeitsblätter news.
https:// arbeitsblaetter-news.stangl-taller.at/die-erinnerung-an-traeume/
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Schlaf beeinflusst Erinnerungen über mehrere Mechanismen, wobei nun Izawa et al. (2019) einen möglichen weiteren Weg im Gehirn identifizierten: Im REM-Schlaf aktive hypothalamische Neuronen, die ein Melanin-konzentrierendes Hormon (MCH) produzieren, projizieren unter anderem in den Hippocampus, wobei diese Neuronen im Hypothalamus aktiv zum Vergessen im REM-Schlaf beitragen. Überraschenderweise steigerte eine genetische Ausschaltung dieser MCH-Neuronen die Gedächtnisleistung bei Mäusen, während umgekehrt die pharmakogenetische Aktivierung von MCH-Neuronen das hippocampusabhängige Gedächtnis beeinträchtigte. Physiologische In-vitro-Experimente bestätigten, dass die Aktivierung von MCH-Fasern in Hippocampus-Scheiben die Spiking-Aktivität von Pyramidenzellen unterdrückte. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass der MCH-Signalweg ein Ziel für die Gedächtnismodulation sein könnte. Vermutlich sorgen im Schlaf also spezielle Neuronen dafür, dass nicht benötigte Informationen gelöscht werden, also Ereignisse, die man tagsüber erlebt und nachts im Schlaf verarbeitet. Abhängig davon, was sie bedeuten, werden sie entweder gelöscht oder gespeichert.
Literatur: Izawa, Shuntaro, Chowdhury, Srikanta, Miyazaki, Toh, Mukai, Yasutaka, Ono, Daisuke, Inoue, Ryo, Ohmura, Yu, Mizoguchi, Hiroyuki, Kimura, Kazuhiro, Yoshioka, Mitsuhiro, Terao, Akira, Kilduff, Thomas S. & Yamanaka, Akihiro (2019). REM sleep–active MCH neurons are involved in forgetting hippocampus-dependent memories. Science, 365, 1308-1313.
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