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Gewalt und Aggression

Ilka-Maria Bayer, Claudia Schmidt-Rathjens

Gewalt und Aggression an deutschen Schulen: Persönlichkeitsmerkmale und Reaktionsstrategien von Tätern und Opfern

1. Täter- und Opferrolle
Am stärksten betroffen von schulischer Gewalt sind SchülerInnen in Sonder- und Hauptschulen. Nur ein kleiner Anteil der Schüler ist jedoch regelmäßig in körperliche Gewalthandlungen als Täter bzw. Opfer involviert. Häufiger werden dagegen psychische oder verbale Gewaltformen angewendet. Es wird festgehalten, dass Jungen weitaus häufiger physische Gewalt ausüben als Mädchen. Hingegen gibt es keine geschlechterspezifischen Unterschiede im Bezug auf psychisch-verbale Gewalt. Bereits vorhandene empirische Befunde weisen darauf hin, dass Opfer ein geringeres Selbstwertgefühl und eine geringere Selbstachtung als Täter aufweisen. Täter hingegen gelten als impulsiv und wenig ängstlich. Weiters unterscheiden sich die beiden Gruppen hinsichtlich der Bewältigungsstrategien von schulischer Gewalt (vgl. Bayer & Schmidt-Rathjens 2004, S. 169 f).
2. Die Analyse
Hauptaugenmerk der Untersuchung war der Vergleich von Schülern, die häufig Gewalt ausüben (aktiv) und Schüler, die von Gewalt betroffen sind (passiv). Ziel ist es zu erkennen, ob es Zusammenhänge zwischen den Persönlichkeits- und Verhaltensmerkmalen gibt, welche die Wahrscheinlichkeit zur Gewaltbereitschaft erhöhen.
Die Studie stützt sich dabei auf folgende zwei Hypothesen (vgl. Bayer & Schmidt-Rathjens 2004, S. 170):
Täter reagieren häufiger mit aggressiven und körperlichen Strategien gegen schulische Gewalt. Opfer reagieren hingegen mit verbalen und hilfesuchenden Strategien.
Täter und Opfer unterscheiden sich auch hinsichtlich bestimmter Persönlichkeits-merkmale wie Aktivität, Selbstsicherheit, emotionale Erregbarkeit und Impulskontrolle.
2.1 Methoden
Anhand eines Fragebogens wurde eine umfangreiche Stichprobenstudie durchgeführt. Es wurde das Ausmaß zwischen psychisch-verbalen, physischen Gewaltformen, Vandalismus und sonstigen abweichenden Verhaltensformen unterschieden. Zusätzlich wurden die Reaktion auf diese Verhaltensformen hinterfragt und ein Persönlichkeitsfragebogen eingesetzt (vgl. Bayer & Schmidt-Rathjens 2004, S. 170 f).
2.2 Untersuchungsgruppen
Es wurden zwei Haupt- und Realschulen und zwei Gymnasien aus dem Raum Rhein-Neckar für die Befragung ausgewählt, wobei die Fragebögen nur in den siebten bis neunten Klassen zur Anwendung kamen. Insgesamt wurden 796 Fragebögen (399 Mädchen und 397 Jungen) zur Auswertung herangezogen (vgl. Bayer & Schmidt-Rathjens 2004, S. 171 f).
2.3 Ergebnisse
Die Auswertung erfolgte in vier Schülerkategorien: „Unauffällige“, „Täter“, „Opfer“ und „Opfer-Täter“. Der Großteil der Schüler wurde als unauffällig eingestuft. Der Anteil an Opfern und Opfer-Tätern nahm mit höherer Klasse konstant ab. Die Zahl der Täter und Unauffälligen nahm zu. In den Hauptschulen waren am häufigsten Opfer, Opfer-Täter und Täter anzutreffen, im Gegensatz zu Gymnasien, wo die meisten SchülerInnen als unauffällig gelten. Hinsichtlich des Gewaltausmaßes gaben 98,5 % der SchülerInnen an, dass sie im laufenden Schuljahr verbal-psychische Gewalt erlebt haben. Extreme Gewalthandlungen hingegen wurden nur selten wahrgenommen. Umgekehrt wurde aufgezeigt, dass 98,2 % der Jugendlichen psychische Gewalt ausgeübt haben. Direkte und körperliche Gewalt wurde öfters von Jungen als von Mädchen ausgeübt bzw. erlebt. Als Reaktion auf Aggression wurden am häufigsten verbale Strategien eingesetzt, gefolgt von beleidigenden und aggressions-vermeidenden. Am wenigsten wurden Lehrer-unterstützte und hilflose Strategien angewandt. Große Unterschiede gibt es zwischen Tätern und Opfern hinsichtlich der angewendeten Strategien. Opfer verwenden viel öfter verbal nicht-aggressive, Lehrer-unterstützte, vermeidende, hilflose und verbal-aggressive Strategien. Die Täter hingegen verwenden körperlich-aggressive, beleidigende und sozial-unterstützte Strategien (vgl. Bayer & Schmidt-Rathjens 2004, S. 172 ff).
Ein weiteres wichtiges Kriterium sind die Persönlichkeitsmerkmale von Tätern und Opfern. Täter weisen ein höheres Bedürfnis nach eigener Durchsetzung, eine höhere Maskulinität und eine fehlende Willenskontrolle auf. Opfer hingegen gaben an sich unterlegen zu fühlen, scheu zu sein und Angst zu haben. Im Vergleich von männlichen und weiblichen Tätern kommen Bayer und Schmidt-Rathjens zu dem Schluss, dass bei Jungen Maskulinität, Ehrgeiz und Selbstgefälligkeit höher sind als bei Mädchen. Niedrigere Angaben gab es bei Jungen im Bereich der Angst und der emotionalen Erregbarkeit. Täter wenden insgesamt aggressivere und sozial-unterstützende Strategien an. Niedriger ausgeprägt dagegen sind Ehrgeiz und Unterlegenheit (im Gegensatz zu den Opfern). Opfer weisen eine niedrige eigene Durchsetzung und Maskulinität auf (vgl. Bayer & Schmidt-Rathjens 2004, S. 174 f).
Insgesamt wurde festgestellt, dass psychische Gewalt fast alltäglich in den Schulen ist und aufgrund von bestimmten Verhaltensmerkmalen können SchülerInnen als Täter oder Opfer identifiziert werden. Aufgrund dieser Zuordnung können gezielte Maßnahmen zur Bekämpfung schulischer Gewalt getroffen werden (vgl. Bayer & Schmidt-Rathjens 2004, S. 175 f).

Siehe auch
Gewalt an Schulen – Ursachen und der Vorbeugung

Amok und Selbstmordattentäter

Killervideo kann zum Mord motivieren

Verwendete Literatur
Bayer, I. & Schmidt-Rathjens, C. (2004). Gewalt und Aggression an deutschen Schulen. Psychologie in Erziehung und Unterricht, 51, 169-177.




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2 Gedanken zu „Gewalt und Aggression“

  1. Das ist viel leichter: Die Eltern von Täterkindern sind Alkoholiker.

    Ich habe in meiner Schulzeit viel Gewalt erfahren, weil hier die ganze Scheißstadt voller fickender Alkis ist. Jeder der mich je verprügelt hat hatte nen Säufer als Vater. (Schön, das mal nicht Computerspiele schuld sind. Hollywoodfilme verherrlichen ja bekanntlich auch in keinster Weise Gewalt(Hostel)(Rambo))

    Ich denke das Alkisyndrom gilt nur bei körperlicher Gewalt.

    Verbal-psychische Gewalt ist denke ich ein natürliches Phänomen. Wenn man sich Affen im Zoo ansieht, kann man immer wieder beobachten, dass sie sich gegenseitig mit Scheiße bewerfen.
    Wenn die Affen dann von der Schule kommen und im Finanzamt oder bei der Post arbeiten, geht das Scheißewerfen einfach nahtlos weiter. Das scheint für Affen wichtig zu sein. Wahrscheinlich fühlt man sich danach selbst besser oder so.

    Zurück zur körperlichen Gealt:
    Lösung 1

    Alkohol verbieten, zich millionen Therapien verschenken, abwarten.

    Alkohol verbieten kommt den Krankenkassen zu teuer.

    also..

    Lösung 2

    Wir lassen alles so wie es ist und geben den Opfern ne Teilschuld. Wenn dann mal hin und wieder einer austickt und seine Mitschüler abknallt, können wir es ja immernoch auf die Computerspiele schieben.

    Der geilste Satz in dem Müll oben ist: …, dass bei Jungen Maskulinität, Ehrgeiz und Selbstgefälligkeit höher sind als bei Mädchen.

    Das ist ein spannendes Ergebnis, da wir junge Burschen ja immer für die femmininere Spezies gehalten haben. Und das Fußball und deren Nebenwirkungen Ehrgeiz und Selbstgefälligkeit fördern ist auch vollkommen neu. Danke das sie uns über dieses Fehlwissen aufgeklärt haben. Die Studie war scheinbar sehr erfolgreich und hätte wohl kaum von den Lehreren in den letzten 50 Jahren beobachtet werden können.

    Wenn ich wissenschaftlichen Bullshit lese, oft wohl von Ostdeutschen möchte gern Sonstwasen, dann denke ich, dass sie ihren Abschluß mit 12 gemacht haben. Oder bekommt man Studienabschlüße geschenkt, schreiben einem andere Leute dir Prüfungen, ich checks nich.

  2. „Ein weiteres wichtiges Kriterium sind die Persönlichkeitsmerkmale von Tätern und Opfern. Täter weisen ein höheres Bedürfnis nach eigener Durchsetzung, eine höhere Maskulinität und eine fehlende Willenskontrolle auf. Opfer hingegen gaben an sich unterlegen zu fühlen, scheu zu sein und Angst zu haben.“

    Mit dieser Feststellung bestätigt sich das „implizite Theoriewissen“ von LehrerInnen 😉

    Wobei „nützlichen“ Gegensteuerungsstrategien leider gerade am Punkt der „Persönlichkeitsmerkmale“ auch Grenzen gesetzt sind.

    Hinweise darauf gibt die Querschnittstudie der Psychologin Mechthild Schäfer von der Ludwig-Maximilans-Universität in München:

    Da gerade bei „älteren“ Täterkindern in der Grundschule das aggressive Verhalten die Grundschulzeit überdauert und sich zu einem festen Bestandteil der Persönlichkeit zu manifestieren scheint, muss wohl bereits in der Kindergartenzeit und den ersten beiden Grundschuljahren frühzeitig an Maßnahmen gedacht werden, da ansonsten die Einflussmöglichkeiten immer geringer werden.

    Ich würde dabei systemischen Vorgehensweisen den Vorzug geben um ggf. auch Einfluss auf externe Faktoren (Herkunftsfamilie, Freunde) nehmen zu können.
    (Siehe auch: Wenn Mini-Machiavellis mobben und Vorbeugung gegen Sucht und Gewalt beginnt im Kindergarten)

    Die Grenzen der Einflussmöglichkeiten ergeben sich am Problem der multifaktoriell beeinflussten Entwicklung der Kinder (z.B.manifeste Umweltfaktoren, wie die familiäre Situation, Temperament und Persönlichkeitsmerkmale des Kindes etc.)und an den hohen Kosten solcher Maßnahmen…..

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