In einer Studie haben Neto et al. (2023) am Mausmodell ein dopaminabhängiges Lernsystem (Action Prediction Error) im Gehirn identifiziert, das tiefgreifende Auswirkungen auf unser Verständnis von Gewohnheitsbildung, Zwangsverhalten und Sucht haben könnte. In Verhaltensexperimenten mit Mäusen kombinierten die Wissenschaftler neuronale Bildgebung mit gezielter Inaktivierung bestimmter Hirnregionen. Die Mäuse lernten dabei, auf bestimmte Töne durch Bewegungen zu reagieren. Wurde das hintere Striatum deaktiviert, waren die Tiere nicht mehr in der Lage, die gelernte Handlung in der späten Lernphase effizient auszuführen – ein Hinweis darauf, dass das APE-Signal insbesondere in fortgeschrittenen Lernphasen für die Gewohnheitsbildung entscheidend ist.
Man fand demnach heraus, dass das Gehirn neben dem klassischen „Reward Prediction Error“ (RPE), der bei belohnungsbasiertem Lernen eine zentrale Rolle spielt, ein zweites dopaminvermitteltes Signal nutzt: den „Action Prediction Error“ (APE). Während der RPE angibt, wie sehr eine tatsächliche Belohnung von der erwarteten abweicht, signalisiert der APE eine Abweichung zwischen einer ausgeführten Handlung und der erwarteten Handlung – unabhängig davon, ob eine Belohnung folgt. Dieses APE-Signal erlaubt es dem Gehirn, Gewohnheiten durch reine Wiederholung zu erlernen, selbst wenn keine unmittelbare Belohnung erfolgt. Das APE-Signal wurde insbesondere im hinteren dorsolateralen Striatum (posterior striatum) nachgewiesen, einem Areal, das bereits mit automatisierten Bewegungsabläufen in Verbindung gebracht wird.
Diese Entdeckung deutet darauf hin, dass das Gehirn zwei komplementäre Lernsysteme besitzt: eines zur Maximierung von Belohnung (RPE) und eines zur Stabilisierung häufiger Handlungen (APE). Diese Erkenntnisse könnten neue Therapieansätze für Suchterkrankungen, Zwangsstörungen und Parkinson eröffnen, d. h., zukünftige Interventionen könnten gezielt auf das Gewohnheitssystem zielen, um pathologische Verhaltensmuster durch gesündere Alternativen zu ersetzen.
Literatur
Neto, V. S., Lee, J., Neto, J. P., Klaus, A., Roberts, K., Kakaria, S., Carandini, M., & Harris, K. D. (2023). A dopamine-dependent prediction error for habit learning in the posterior striatum. Nature, 622, 585–592.
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