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Zusammenhang zwischen Sexualität und Selbstwertgefühl

    Weber et al. (2024) führten eine umfassende Studie durch, um den Zusammenhang zwischen Sexualität und Selbstwertgefühl genauer zu untersuchen. Ausgehend von psychologischen Theorien wie der Soziometertheorie und dem Modell der relationship risk regulation untersuchten sie, wie die Akzeptanz und Zuneigung anderer sowie das Risiko der Ablehnung das Selbstwertgefühl beeinflussen können. In ihrer Analyse der Daten aus der Pairfam-Studie (siehe unten) mit rund 11.000 Teilnehmern über einen Zeitraum von zwölf Jahren konnten die Forscherteam eine deutliche wechselseitige Beziehung zwischen sexueller Zufriedenheit und Selbstwertgefühl nachweisen. Unabhängig von der Beziehungskonstellation – ob in langfristigen Partnerschaften, wechselnden Beziehungen oder bei Singles – zeigte sich, dass Menschen mit einer höheren sexuellen Zufriedenheit auch ein stärkeres Selbstwertgefühl aufwiesen und umgekehrt. Interessanterweise war dieser Zusammenhang bei Frauen sogar noch ausgeprägter als bei Männern. Die Wissenschaftler führen dies möglicherweise darauf zurück, dass Frauen ihre sexuelle Selbstbestimmung und -erfüllung stärker mit ihrem Selbstwertgefühl verbinden.

    Überraschend war jedoch, dass eine hohe Häufigkeit sexueller Erfahrungen nicht automatisch zu einer höheren sexuellen Zufriedenheit und damit zu einem gesteigerten Selbstwert führt. Vielmehr zeigten die Ergebnisse, dass erfüllte sexuelle Erlebnisse, die auch außerhalb fester Partnerschaften, etwa bei einmaligem Sex, das Gefühl von Wertschätzung vermitteln können, entscheidend für das Selbstwertgefühl sind. Man vermutet auch, dass der biochemische Einfluss von Oxytocin hierbei eine wichtige Rolle spielt, da dieses Hormon ein Gefühl der Geborgenheit und Zugehörigkeit erzeugt und so das Selbstwertgefühl stärken kann. Weitere Untersuchungen in dieser Richtung könnten wertvolle Erkenntnisse über die komplexen Zusammenhänge zwischen Sexualität, Beziehungen und dem Empfinden des eigenen Wertes liefern.

    Anmerkung: Pairfam ist die Kurzform für Panel Analysis of Intimate Relationships and Family Dynamics ist eine repräsentative, multidisziplinäre Längsschnittstudie, die der Erforschung der partnerschaftlichen und familiären Lebensformen in der Bundesrepublik Deutschland dient. Die auf eine Dauer von 14 Jahren angelegte Längsschnittstudie wurde im Jahr 2008 mit einer Ausgangsstichprobe von etwa 12.400 bundesweit zufällig ausgewählten Personen der Geburtsjahrgänge 1971–73, 1981–83 und 1991–93 gestartet (Kohorten-Sequenz-Design). Die sogenannten Ankerpersonen werden in jährlichem Abstand wiederholt befragt. Parallel dazu werden in jedem Jahr die Partner der Ankerpersonen sowie ab der zweiten Befragungswelle auch deren Eltern bzw. Stiefeltern und im Haushalt lebende Kinder in die Befragung einbezogen (Multi-Actor-Design). Das pairfam-Projekt bietet mit diesem Design ein weltweit einzigartiges Potenzial zur Analyse der Entwicklung von Paar- und Generationenbeziehungen in unterschiedlichen Lebensphasen.



    Literatur

    Weber, E., Hopwood, C. J., Denissen, J. J. A., & Bleidorn, W. (2024). Self-Esteem and Sexual Experiences. Personality and Social Psychology Bulletin, 50, 1-18.


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