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GRUNDRISS DER PSYCHOLOGIE von Wilhelm Wundt 1918

    „GRUNDRISS DER PSYCHOLOGIE“ von  Wilhelm Wundt in der  „DREIZEHNTE AUFLAGE MIT 23 FIGUREN IM TEXT“, ursprünglich 1896 im ALFRED KRÖNER VERLAG IN LEIPZIG veröffentlicht, wird dankenswerter Weise von der Universität Leipzig im Internet im Volltext angeboten. Wilhelm Wundt schreibt im Vorwort zur ersten Auflage: „Dies Buch ist zunächst aus dem Wunsche hervorgegangen, meinen Zuhörern einen kurzen, die Vorlesungen über Psychologie ergänzenden Leitfaden in die Hand zu geben. Zugleich hat es sich jedoch das weitere Ziel gesteckt, dem allgemeineren Leserkreis wissenschaftlich Gebildeter, denen die Psychologie teils um ihrer selbst, teils um ihrer Anwendungen willen von Interesse ist, einen systematischen Überblick über die prinzipiell wichtigen Ergebnisse und Anschauungen der neueren Psychologie zu verschaffen. (…) Indem die „Grundzüge der physiologischen Psychologie“ die Hilfsmittel der naturwissenschaftlichen, besonders der physiologischen Forschung der Psychologie dienstbar zu machen und die experimentelle psychologische Methodik, die sich in den letzten Jahrzehnten ausgebildet hat, nebst ihren Hauptergebnissen kritisch darzustellen suchen, läßt diese besondere Aufgabe notwendig die allgemeinen psychologischen Gesichtspunkte verhältnismäßig zurücktreten. Die zweite, neubearbeitete Auflage der „Vorlesungen über die Menschen- und Tierseele“ aber (die erste ist heute längst veraltet) sucht in mehr populärer Weise über Wesen und Zweck der experimentellen Psychologie Auskunft zu geben, um dann von dem Standpunkt derselben aus solche psychologische Fragen, die zugleich von allgemeinerer philosophischer Bedeutung sind, zu erörtern. Ist demnach der Gesichtspunkt der Behandlung in den Grundzügen hauptsächlich von den Beziehungen zur Physiologie, in den Vorlesungen von philosophischen Interessen bestimmt worden, so sucht der Grundriß die Psychologie in ihrem eigensten Zusammenhang und in derjenigen systematischen Anordnung, die nach meiner Ansicht durch die Natur des Gegenstandes geboten ist, zugleich aber unter Beschränkung auf das Wichtigste und Wesentliche, vorzuführen. So hoffe ich denn, daß dieses Buch auch denjenigen Lesern, denen jene früheren Werke sowie die Ausführungen über die „Logik der Psychologie“ in meiner Logik der Geisteswissenschaften (Logik, 2. Aufl., II, 2. Abt.) bekannt sind, als eine nicht ganz unwillkommene Ergänzung erscheinen möchte.“

    Wilhelm Maximilian Wundt gründete im Jahre 1879 nach seiner Berufung zum Professor für Philosophie an die Universität Leipzig, das weltweit erste Psychologische Institut an einer Universität. In Lehrbüchern des Fachs gilt diese Institutsgründung als Geburt der modernen wissenschaftlichen Psychologie. Wundt war ein überragender Philosoph, der schon zu Lebzeiten mit Aristoteles und Gottfried Wilhelm Leibniz verglichen wurde. Der studierte Mediziner habilitierte 1857 in Heidelberg, nach verschiedenen Stationen im In- und Ausland folgte er 1875 schließlich dem Ruf auf eine Professur für Philosophie an die Universität Leipzig, wo Wundt bis 1917 tätig war. Leipzig zählte im 19. Jahrhundert zu den bedeutendsten Handelszentren, war gleichzeitig Stadt der Kultur und des Buch- und Verlagswesens, des Bürgertums und der Wissenschaft, sodass das von ihm neu gegründete Psychologische Institut umgehend zahlreiche Mitarbeiter und Schüler anzog, die ihrerseits zu internationalen Gründungsfiguren psychologischer Denkschulen und Teildisziplinen wurden. Wundt trug maßgeblich zur akademischen Etablierung einer Disziplin bei, die heute nicht nur durch die Forschung in ihren vielfältigen Grundlagenbereichen, sondern vor allem auch durch berufspraktische Tätigkeiten in diversen Anwendungsfeldern prägend ist. Der einzigartigen Bedeutung Wundts als Gründer der modernen wissenschaftlichen Psychologie wurde bereits zu seinen Lebzeiten mit einer Reihe hochrangiger Ehrungen Rechnung getragen, etwa den Ehrendoktorwürden und Ehrenmitgliedschaften der Universitäten Budapest, Göttingen, Leipzig und Moskau, zahlreiche Ehrenmitgliedschaften in internationalen Wissenschaftsgesellschaften und -akademien. Wenige Monate vor Wundts Tod wurde auf Geheiß der Stadt Leipzig eine Eiche zu Ehren des Ehrenbürgers Wundt gepflanzt und mit einer hölzernen Tafel versehen. Originalgerätschaften, Möbel und Schriftstücke aus der Frühzeit des Instituts werden in einer Sammlung im „Wilhelm-Wundt-Gedenkzimmer“ aufbewahrt und regelmäßig einer interessierten internationalen Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

    Link: http://www.uni-leipzig.de/~wundtbriefe/wwcd/opera/wundt/GruPsych/Inhalt.htm (11-09-20)


    Wundt war nach Ansicht von Prüfer (2020) ein Spätzünder, was die wissenschaftliche Arbeit angeht, denn er war eher in sich gekehrt, geistesabwesend. Sein Forscherdrang regte sich erst allmählich, hörte r in Heidelberg und Tübingen Vorlesungen über dies und das, promovierte schließlich zum Mediziner. Als Arzt zeigte er dann grenzschreitendes Denken, denn für physische Probleme untersuchter er auch psychische Ursachen, was damaliger Lehrmeinung entgegen stand. Aber Körper und Geist gehörten für Wundt zusammen, sodass er über den wissenschaftlichen Weg zur Psychologie gelangte, die damals oft Objekt theoretischer Spekulationen war.

    Wundt zeigte sich in vielerlei Hinsicht neugierig, arbeitete auf den Feldern der Kultur- und Religionspsychologie, aber auch Erkenntnistheorie und Ethik. In seinen jungen Jahren gründete er den Vereinstag deutscher Arbeitervereine mit, den Vorläufer der SPD, engagierte sich politisch in liberalen und setzte sich für Studienreformen ein. Im Alter scheint er konservativer geworden zu sein, unterschrieb die dem Ersten Weltkrieg zustimmende »Erklärung der Hochschullehrer des Deutschen Reiches«. Er mischte aktiv im Spiritismusstreit mit, der Leipzig zum internationalen Zentrum okkulter Debatten machte. Der hier wirkende Physiker Karl Friedrich Zöllner lud mit dem bekannten Medium Henry Slade zu Séancen ein, an denen auch Wundt und andere Wissenschaftler teilnahmen. Doch anders als Zöllner war Wundt nicht überzeugt, übernatürlich Kräfte aus der vierten Dimension am Werk zu sehen, wobei sich beide eine derbe schriftlich-öffentliche Debatte lieferten, in der Wundt das Medium als einen Taschenspieler bezeichnete.

    Auch wenn Wundt selbst später außerhalb von Fachkreisen in Vergessenheit geriet, scharte der Pionier eine Gründergeneration der Psychologie um sich, denn mit Edward Bradford Titchener studierte der Vater des Strukturalismus bei Wundt, James McKeen Cattell wurde der erste Psychologieprofessor der USA, Granville Stanley Hall wurdeder Begründer der Kinderpsychologie.

    Wundts Sommerhaus in Großboten ist seit Kurzem im Besitz eines Fördervereins, der sich um die Restauration und mögliche Nutzungen bemüht. Erste Arbeiten haben begonnen.



    Literatur

    Prüfer, T. (2020). Wundts Gespenster.
    WWW: https://kreuzer-leipzig.de/2020/08/31/wundts-gespenster/ (20-09-01)
    https://idw-online.de/de/news752922 (20-08-24)


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