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Kinderbeichte ist emotionaler Missbrauch

    Die Kinderbeichte in der katholischen Kirche, vor allem im Zusammenhang mit der Erstkommunion, stößt bei Wissenschaftlern zunehmend auf Widerstand, weil die Beichte von Acht- oder Neunjährigen entwicklungspsychologisch unangebracht ist. Das kindliche Gehirn ist noch nicht reif für Begriffe wie Sünde und Buße, und kleine Verfehlungen von Kindern sind völlig normal. Begriffe wie Sünde, Schuld und Vergebung, aber auch die besondere Schwere einer Schuld sind aufgrund der Entwicklung des Stirnhirns erst im Alter von etwa 14 Jahren wirklich begreifbar, d.h. in jüngeren Jahren bleiben sie den Kindern bestenfalls äußerlich und fremd. Kinder brauchen in ihrer Entwicklung auch ihre kleinen Geheimnisse, und die gehören sicher nicht in den Beichtstuhl, wobei ein Pfarrer für solche Themen ohnehin nicht der richtige Ansprechpartner ist.

    Mit dem Thema Schuld muss man bei Kindern außerdem sehr behutsam umgehen, denn Kinder beziehen sich in der Regel sehr stark auf sich selbst und nehmen deshalb schnell Schuld auf sich. Kinder sind dabei in der Entwicklung ihres Selbstwertgefühls von Erwachsenen abhängig und im Kontext der Beichte ist daher die Haltung der Erwachsenen von großer Bedeutung. Auch ist es durchaus kritisch zu sehen, wenn Kinder sich zu einem solchen privaten Gespräch allein mit dem Priester in einen Raum begeben, denn sie können dies noch nicht verstehen und daher auch nicht wirklich entscheiden, ob sie sich auf ein Beichtgespräch einlassen wollen oder nicht.

    Es ist daher zu begrüßen, dass die Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs im Erzbistum Freiburg den Verzicht auf Kinderbeichten fordert, da die Beichtsituation aufgrund der Nähebeziehung zwischen Kind und Priester die Möglichkeit eines grenzverletzenden manipulativen Umgangs mit Kindern und Minderjährigen eröffnen kann. Dabei geht es nicht nur um den sexuellen Missbrauch von Kindern, sondern auch um den emotionalen Missbrauch, der durch diese manipulative Gesprächsform begangen werden kann. Eine solche Beichte vor einer fremden Person ist für viele eine Erfahrung, die oft jahrelang nachwirkt und von vielen als Instrument psychischer Gewalt und institutioneller Kontrolle empfunden wird. Vor allem werden Kinder oft sehr penetrant nach ihren vermeintlichen sexuellen Erfahrungen und schmutzigen Gedanken befragt. Viele haben das Wort Masturbation erst im Beichtstuhl gelernt, so dass negative Assoziationen mit der Beichte wie Angst, Anspannung, Scham oder Peinlichkeit eher die Regel sind. Hinzu kommt, dass die meisten Priester psychisch nicht in der Lage sind, ein offenes und tiefes Gespräch mit einem Kind zu führen, wobei Gespräche über Sexualität im Alter von acht bis zehn Jahren ohnehin völlig unangebracht sind.



    Literatur

    https://www.zeit.de/gesellschaft/2023-04/erstkommunion-beichte-kritik-missbrauch (23-04-13)


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