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Assessment Center: Anforderungsmerkmale häufig illusorisch

    *** Hier KLICKEN: Das BUCH dazu! *** Nach misslungenen Innovationsprozessen in Unternehmen wird oft neues Personal für „neue Zukunftsanforderungen“ gesucht – und soll per Assessment Center identifiziert werden. Die gewünschten Persönlichkeitsmerkmale bleiben jedoch vage, und damit verliert das Assessment Center letztlich seinen Aussagewert, warnt der HR-Experte Rainer Neubauer in einer Studie.
    „Konkrete Fähigkeitsmerkmale, die in der Vergangenheit wichtig waren, erscheinen den Erfindern neuer Zukunftsanforderungen irgendwie gestrig, hausbacken und nicht zukunftsrelevant. Stattdessen stößt man auf hochwertig klingende Wortmonster wie ´entrepreneurship´, ´intercultural sensitivity´oder schlicht ´Vision´.“ Nicht ohne Ironie fragt Neubauer: „Wie und woran erkennt ein Diagnostiker, wie ein derartiges Merkmal in einer realen Person ausgeprägt sein könnte?“
    Ebenso kritisch sieht der Psychologe „Sehnsuchtslisten“: Merkmals-Sammlungen, „die kein real existierender Mensch erfüllen kann. Menschen verfügen meist über entwickelte Verhaltenssysteme, in denen Stärken in eine Richtung mit Schwächen in eine andere Richtung erkauft werden. Sehnsuchtslisten erkennt man daran, dass sie gleichzeitig Durchsetzungsvermögen und Sensibilität, Vision und Sorgfalt im Detail usw. – möglichst im jeweiligen Höchstmaß – fordern.“
    Neubauer beschreibt in seiner Arbeit darüber hinaus vier weitere häufige Irrwege bei der Definition von Anforderungen.
    Der Beitrag ist im „Handbuch Assessment Center“ enthalten – einer vollständigen Arbeitsanleitung für die Planung, Durchführung und Qualitätssicherung eines AC, verfasst von 32 Praktikern für Praktiker.

    Kürzere Assessment-Center anspruchsvoller

    Assessmentcenter für jüngere Führungskräfte in größeren Unternehmen liefern zunehmend verlässlichere Ergebnisse, wobei die in früheren Jahren dominierenden Gruppendiskussionen deutlich zurück gehen und Tests eine immer größere Bedeutung gewinnen. Interessant ist, dass kürzere Assessmentcenter höhere Ansprüche an die Kandidaten stellen, da die Zeit begrenzt wird, sich auf die jeweiligen Anforderungen einzustellen, was sich auf die Unterscheidung zwischen erfolgreichen und nicht erfolgreichen Kandidaten vorteilhaft auswirkt. Dabei ist nicht primär die Dauer der Übungen der entscheidende Faktor sondern die Breite und Tiefe der gesammelten Informationen, wobei der zunehmende Einsatz von Intelligenztests deren Aussagekraft in Richtung Validität verstärkt.

    Kriterien guter Assessment-Center

    Uwe P. Kanning nennt in seiner monatlichen wirtschaftspsychologischen Kolumne unter dem Titel „Assessment Center: Zwischen Ringelpiez und wirksamer Methode“ einige Kriterien, die aus Sicht der Psychologie wohl selbstverständlich sein sollten, da sie den üblichen Kriterien (besonders Objektivität und Validität) etwa der Testpsychologie entsprechen (Hervorhebungen von mir; W.S.):

    • Gute Assessment Center spiegeln die tatsächlichen Anforderungen des Arbeitsplatzes und nicht nur stereotype Vorstellungen oder die Zwänge eines Kompetenzsystems wider. Es ist daher notwendig, im Vorhinein eine empirische Anforderungsanalyse durchzuführen.
    • Die Übungen sollten – vergleichbar zu einer Arbeitsprobe – reale Situationen des Berufsalltags simulieren. Abstrakte Übungen aus der Schublade sind wenig sinnvoll. Zudem dokumentieren sie den Bewerbern mangelndes Engagement. Leistungsstarke Bewerber wissen professionelle Auswahlverfahren ebenso zu schätzen wie Unternehmensvertreter professionell auftretende Bewerber.
    • Handelt es sich um externe Bewerber, so ist zu vermeiden, dass die Beobachter vor dem AC mit Informationen über die Kandidaten versorgt werden. Entsprechende Informationen erzeugen einen Erwartungseffekt: Man sieh dann vor allem das, was man erwartet. Hierdurch wird verhindert, dass Fehler der Voreinschätzung durch das AC korrigiert werden können.
    • Die Beobachter müssen für ihre Aufgabe geschult werden. Berufs- oder Führungserfahrung machen einen Menschen leider nicht automatisch zu einem guten Beobachter, sie begünstigen bisweilen sogar die Überschätzung der eigenen diagnostischen Fähigkeiten.
    • Es ist von zentraler Bedeutung, dass die Kriterien zur Bewertung des Verhaltens in den einzelnen Übungen klar und verbindlich definiert sind. Bewertungen nach dem Prinzip „Ich fand, der Bewerber war teamfähig“ oder „Der Bewerber hat meiner Meinung nach die Anforderungen nicht erfüllt“ sprechen genau für das Gegenteil dessen, was notwendig ist.
    • Der beste Weg ist der Einsatz so genannter „verhaltensverankerter Beurteilungsskalen“, bei denen jeweils explizit durch Verhaltensbeispiele definiert wird, für welche Leistung exakt welcher Punktwert zu vergeben ist.
    • In jeder Übung sollten nicht mehr als drei Kompetenzdimensionen eingeschätzt werden. Die Beobachter sind wesentlich schneller kognitiv überlastet als es ihnen bewusst ist. Im Sinne der Qualitätssicherung gilt hier weniger ist mehr: Lieber wenige Kompetenzen sorgfältig beobachten als viele oberflächlich.
    • Die Übungen müssen streng standardisiert, also für alle Bewerber in gleicher Weise ablaufen. Aus diesem Grund dürfen Bewerber in Rollenspielen niemals gegeneinander, sondern immer nur gegen einen (professionellen) Rollenspieler antreten.
    • Nach einer Übung dürfen die Beobachter sich nicht über die Kandidaten unterhalten. Nur durch unabhängige Beurteilungen ist es möglich, dass sich die individuellen Messfehler des Einzelnen durch den Einsatz vieler Beobachter wechselseitig korrigieren.
    • Es sollte keine persönlichen Kontakte zwischen Beobachtern und Bewerbern geben. Den methodischen Aufwand eines Assessment Centers betreibt man ja gerade, damit die Diagnose auf konkret definierten Leistungskriterien und nicht auf der vermeintlichen Menschenkenntnis der Entscheidungsträger beruht.
    • Parallel zu den Verhaltensübungen sollten Testverfahren eingesetzt werden. Sinnvoll sind allerdings nur solche Verfahren, die nachvollziehbar wissenschaftlich abgesichert sind. Dies gilt leider nur für die wenigsten der Tests, die sich in Deutschland großer Beliebtheit erfreuen.



    Literatur
    Kanning, U. P. (2014). Assessment Center: Zwischen Ringelpiez und wirksamer Methode.
    WWW: http://www.haufe.de/personal/hr-management/kolumne-psychologie-wirksamkeit-des-assessment-center_80_235664.html (14-05-21)


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