Zum Inhalt springen

Warum greifen sich Menschen ins Gesicht?

    Erwachsene fassen sich häufig ins Gesicht, bis zu 800 Mal am Tag, oft unbewusst und ohne ersichtlichen Grund. Laut Psychologen erfüllen diese Berührungen eine wichtige Funktion, indem sie Stress reduzieren und den emotionalen Zustand regulieren helfen. Forschungsergebnisse zeigen, dass Berührungen im Allgemeinen die Gesundheit fördern, indem sie Ängste und Schmerzen mindern sowie den Blutdruck senken. Auch Selbstberührungen, insbesondere im Gesicht, können das Stresslevel durch Senkung des Cortisolspiegels beeinflussen. Der Gesichtskontakt wird als besonders effektiv betrachtet, weil dort viele empfindliche Nerven direkt mit dem Gehirn verbunden sind, wodurch beruhigende Signale schnell gesendet werden. Diese Nerven – insbesondere der fünfte (Trigeminusnerv) und der siebte Hirnnerv (Facialisnerv) – ermöglichten es, dass Berührungen im Gesicht das Gehirn schneller und effektiver erreichen als an anderen Körperstellen. Ein sanftes Streichen über die Wange oder das Berühren der Lippen sende beruhigende Signale blitzschnell ins Gehirn, wobei diese Sofortwirkung entscheidend  ist, weil Menschen gerade in stressigen Momenten schnell Erleichterung brauchen. Das Ins-Gesicht-Fassen beruhigt das Gehirn und hilft dabei, die innere Balance wiederherzustellen. Diese Handlung kann für andere sichtbar machen, ob jemand gestresst ist und möglicherweise Unterstützung benötigt. Zudem ist es schwierig, das Gesicht bewusst nicht zu berühren, was aus gesundheitlichen Gründen manchmal ratsam wäre.

    Wenn sich Menschen im Gesicht berühren, ist dies vermutlich ein Überlebensphänomen, d.h., es ist keine Übersprungshandlung, sondern eine Entspannung für das Gehirn, die in Experimenten im EEG abgelesen werden kann. Ausgelöst wird dieser Beruhigungseffekt durch den Kontakt der Hände mit den so genannten Vellushaaren, wobei sich diese kleinen, feinen Härchen im Gesicht vor allem in den Regionen von Nase, Stirn und Kinn befinden. Sie sind in der Haut von Rezeptoren umgeben, die den Berührungsreiz direkt an das Gehirn weiterleiten. Wenn Menschen in einer Stresssituation daran gehindert werden, sich ins Gesicht zu fassen, kann sich ihr Gehirn nicht beruhigen. Werden die Hände nach dem Experiment losgelassen, berührten die Versuchspersonen ihr Gesicht mehrmals kurz hintereinander, und erst dann beruhigen sie sich.

    Menschen berühren ihr Gesicht bis zu sechshundert Mal am Tag, um sich mit dieser Geste in Stresssituationen unbewusst zu beruhigen. Es ist leicht zu beobachten, wie Redner während ihrer Präsentationen oder Reden immer wieder ganz kurz ihre Wangen, Nasen, Kinn oder Ohren berühren. Vermutlich ist die Fähigkeit, durch Selbstberührung Stress abzubauen, auch für die Gedächtnisleistung entscheidend.




    Impressum ::: Datenschutzerklärung ::: Nachricht ::: © Werner Stangl ::: Pädagogische Neuigkeiten für Psychologen :::

    Schreibe einen Kommentar

    Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert