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Haben intelligente Menschen größere Pupillen?

    Es ist bekannt, dass Pupillenerweiterungen des Auges mit zentralen kognitiven Prozessen korrespondieren, wobei die Beziehung zwischen Pupillengröße und individuellen Unterschieden in den kognitiven Fähigkeiten jedoch noch nicht eingehend untersucht worden ist. Tsukahara et al. (2016) haben in einigen Studien systematisch erforscht, ob die Ausgangspupillengröße während einer Aufgabenbewältigung mit individuellen Unterschieden in der Arbeitsgedächtniskapazität und der fluiden Intelligenz zusammenhängt. Dazu vermaß man die Pupillen mittels eines Augentrackers, also einer hochempfindlichen Kamera und eines Computers, der die Lichtreflektion von der Pupille und Hornhaut einfängt. In drei Studien erfasste man dann die Unterschiede in der mentalen Anstrengung, die Menschen aufbrachten, um Gedächtnisaufgaben zu lösen, und fand heraus, dass die Pupillengröße tatsächlich mit kognitiven Fähigkeiten zusammenhängt, bzw. konnte auch zeigen, dass dieser Zusammenhang nicht allein durch Unterschiede in der geistigen Anstrengung erklärt werden kann, und dass der Effekt der Arbeitsgedächtniskapazität und der fluiden Intelligenz auf die Pupillengröße auch nach über zwanzig Sitzungen und unter Berücksichtigung des Effekts der Neuheit oder Vertrautheit bestehen bleibt. Dabei berücksichtigte man auch potenzielle Moderatorvariablen wie Alter, ethnische Zugehörigkeit oder Drogeneinfluss. Es zeigte sich auch, dass vor allem die fluide Intelligenz als die Kapazität des Arbeitsgedächtnisses mit der Basislinien-Pupillengröße zusammenhängt.

    Man könnte das damit erklären, dass die Pupillengröße im Zusammenhang mit der Aktivität im Locus coeruleus steht, einer Neuronengruppe im oberen Hirnstamm mit weitreichenden neuronalen Verbindungen zum Rest des Gehirns. Der Locus coeruleus setzt dabei Noradrenalin frei, das sowohl als Neurotransmitter als auch als Hormon im Gehirn und im Körper wirkt und Prozesse wie Wahrnehmung, Aufmerksamkeit, Lernen und Gedächtnis reguliert. Er trägt auch dazu bei, eine hohe Organisation der Gehirnaktivität aufrechtzuerhalten, so dass auch entfernte Gehirnregionen zusammenarbeiten können, um anspruchsvolle Aufgaben zu bearbeiten. Eine Fehlfunktion des Locus coeruleus und eine daraus resultierende Störung einer strukturierten Gehirnaktivität wird bekanntlich mit verschiedenen Erkrankungen in Verbindung gebracht, etwa der Alzheimer-Krankheit und der Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung. Offenbar haben Menschen mit größeren Pupillen in Ruhe eine stärkere Regulierung der Aktivität durch den Locus coeruleus, was deren kognitiven Leistungen und Gehirnfunktionen zugute kommt.

    Dieses Gehirnareal hängt auch mit Stressresilienz zusammen, denn es konnte gezeigt werden, dass die neuronale Reaktionsfähigkeit des noradrenergen Locus coeruleus und die damit verbundenen Pupillenreaktionen mit der anschließenden Veränderung von Angst- und Depressionsmaßen als Reaktion auf anhaltenden Stress im realen Leben zusammenhängen. Bisher war es kaum möglich, individuelle Reaktionen auf Stress vorauszusagen, was vor allem daran liegt, dass sich chronischer Stress in Laborexperimenten nur ungenügend simulieren lässt, d. h., Teststress reicht nicht annähernd an die Dauer und Intensität von langanhaltendem Arbeits- und Alltagsstress heran. Grueschow et al. (2021) haben daher bei einer Gruppe von Medizinstudenten fMRI- und Pupillometriedaten während einer emotionalen Konfliktaufgabe erhoben, bevor sie ein stressiges Praktikum in der Notaufnahme absolvierten, das als Risikofaktor für Angst und Depression bekannt ist. Dabei zeigte sich, dass die Konfliktreaktion und ihre funktionelle Kopplung mit der Amygdala mit stressbedingten Symptomveränderungen als Reaktion auf das Praktikum assoziiert war. Dabei wurde ein ähnlicher Zusammenhang für die Pupillendilatation gefunden, einem potentiellen Marker für die neuronale Reaktionsfähigkeit des noradrenergen Locus coeruleus. Je sensitiver dieses Erregungssystem reagiert, desto höher ist demnach die Wahrscheinlichkeit, dass die betreffende Person bei andauernden Stress Symptome von Angst- und Depressionsstörungen entwickelt.



    Literatur

    Grueschow, Marcus, Stenz, Nico, Thörn, Hanna, Ehlert, Ulrike, Breckwoldt, Jan, Brodmann Maeder, Monika, Exadaktylos, Aristomenis K., Bingisser, Roland, Ruff, Christian C. & Kleim, Birgit (2021). Real-world stress resilience is associated with the responsivity of the locus coeruleus. Nature Communications, 12, dot:10.1038/s41467-021-22509-1.
    Tsukahara, Jason S., Harrison, Tyler L. & Engle, Randall W.(2016). The relationship between baseline pupil size and intelligence. Cognitive Psychology, 91, 109-123.


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